Figure Beach läuten mit „No Drama“ den langersehnten Frühling ein

Foto: Florian Weichelt

Wenn man nun das Haus verlässt, wundert man sich, warum es einem auf einmal wieder gut geht, und merkt dann, dass die Sonne wieder scheint. Also wird der Kopf ins Licht gestreckt, die Augen geschlossen und Musik angemacht – Zum Beispiel die frisch veröffentlichte EP „No Drama“ von Figure Beach. Der Indie Rock der Nürnberger lässt die Kälte der letzten Monate vergessen und tänzelt nur so unbekümmert vor sich hin. Ist das der Frühlingsanfang, von dem alle sprechen?

Mit dieser Jahreszeit verbinden wir ja bekanntlich Aufblühen und Neubeginne. Das passt ganz gut zum Trio Figure Beach, dass trotz langer Jugendfreundschaft in dieser Konstellation erst kürzlich zusammengefunden hat und jetzt mit der Debüt-EP seine Blätter entfaltet. Was die Zuhörer*innen hier bekommen ist Indie voller eingängiger Gitarrensounds, wie man ihn kennt und liebt. Die fünf Songs, welche „No Drama“ zieren, greifen alle auf verschiedene Art ihr Genre auf und machen das fast ein bisschen zu perfekt. Beim ersten Abspielen mag ich alles was meine Ohren erreicht, aber ich frage mich wo die Ecken und Kanten sind, an denen ich hängen bleiben werde.

Eröffnet wird „No Drama“ mit der ersten Single „We Didn’t Fit Together At All“: Ein eher trüber Titel für einen Song, der garantiert genau so bei der nächsten Indie Party laufen könnte, damit die Menge sich endlich auf die Tanzfläche bewegt. Die Band besingt die altbekannte Situation, wenn etwas nicht funktioniert, von dem man sich sehnlichst wünscht, dass es das tut. Bei all dem Frust darf es auch etwas lauter werden. Gerade zum Ende hin schreit Sänger Johannes ins Mikrofon und die Musik stoppt für einen Moment – da käme dann der Moshpit der oben erwähnten Party. Dass aber so ein Lebensstil, der nur aus Feiern und Exzess besteht, auf Dauer nicht guttut, das ist das Thema von „Ellie“. Figure Beach bedienen sich hier einem Gitarrenriff, was sich fast durch den ganzen Song zieht. Zwar wird das teils von ruhigeren Passagen durchbrochen, aber der Punkt, an dem man beim Zuhören überrascht wird, scheint zu fehlen.

Doch als die ersten Sekunden von „Waves“ erklingen, horche ich auf. Da ist sie, die hervorstehende Ecke, die ich suche. Begleitet von soften Akkorden ertönen die Zeilen: „Well I guess you know those shitty days when everything goes wrong and you have no idea where the hell you belong or what you’re doing”. Der Gesang wirkt wie heruntergeleiert, aber auf die charmanteste Weise, die man sich vorstellen kann. Natürlich kennt man diese Tage. Im Refrain jedoch geht dann die Sonne auf, denn manchmal, wie Figure Beach erzählen, reicht das Lächeln einer fremden Person um die Stimmung zu kippen. Da läuft nun dieser Song auf meinen Kopfhörern über eine graue Welt, in der es keinen Lichtblick gibt, und ist schlussendlich irgendwie genau dieser Lichtblick.

Sonnendurchflutet geht es auch weiter mit „A Spring Song“. Allein schon die Idee dahinter, dass die Band kleine Frühlingsgeschichten ihrer Fans in die Lyrics eingebaut hat, wirkt zuckersüß. Das hier ist Indie Rock vom Feinsten – ein schnelles Schlagzeug, verspielte Gitarrensoli und mit jedem Replay muss ich ein bisschen mehr mitwippen. So langsam ertaste ich die Kanten, an denen ich mich festhalte. Der Closing Song, „Beneath The Pines“, bietet schlussendlich noch mehr Kontrast. Die beschwingte Stimmung der vorherigen Tracks ist hier anfangs nicht zu spüren, Figure Beach zeigen sich verletzlicher, weicher. Mit der Zeit nimmt die Musik Fahrt auf und dann endet „No Drama“ explosionsartig. Die Stille danach in meinen Ohren ist lauter als sonst. Nur ein Vogel zwitschert in der Ferne.  Vielleicht liegt es auch daran, dass ich dieses Review gerade auf einer Terrasse in Südfrankreich schreibe, während die Sonne zwischen Weinbergen untergeht, aber ich glaube der Frühling hat gerade begonnen.