
Kraftklub am 28.05.2025 in Chemnitz (Foto: Sanne Braun)
Laut bleiben, wenn alles leise wird. Ein Schild in Chemnitz, ein Countdown und eine Band, die nie ganz weg war – sondern nur Anlauf genommen hat. Kraftklub kehren zurück: mit Wucht, Haltung und einer Botschaft, die in den Innenhof des alten Schauspielhauses hallt.
2023 haben sie gesagt, sie sind eine Weile weg, und dann kam’s wirklich. Eine fast absolute Funkstille. Keine neue Musik, nur ausgewählte Festivals und ein kleines Konzert in Berlin für den guten Zweck. Doch dann aus dem nichts, ein Schild mitten in Chemnitz, mit der Aufschrift „Sterben in Karl-Marx-Stadt“ mit einem Timer darunter. Kein Kontext, keine Erklärung nur eine tickende Uhr, welche am 28.05.2025 um 21:15 Uhr ablief. Eine kryptische Aktion, welche typisch für diese eine Band ist: Kraftklub. Mehr oder weniger unangekündigt, politisch und immer mit der Stadt im Herzen, aus der sie kommen.
Fazit der Aktion: ein kurzes Konzert, eine Albumankündigung mit der dazugehörigen Tour – von welcher Acht Tourstopps innerhalb kürzester Zeit ausverkauft waren, dass selbst die Band denkt, dass sie gescammt wurde. Alles an einem Ort, welcher nicht zufällig gewählt war.
Ein Ort mit Geschichte: Das alte Schauspielhaus
Die Bühne dieses Comebacks war das alte Schauspielhaus in Chemnitz, ein Ort mit Vergangenheit und einer klaren politischen Botschaft. Nicht nur, weil ein Mitglied der Band dort früher gearbeitet hat, sondern weil das Gebäude 2021 geschlossen wurde, und die ursprüngliche Sanierung die Stadt finanziell überfordert hat – obwohl es doch jetzt die Kulturhauptstadt Europas ist. Dies ist aber leider auch nicht der erste kulturelle Standort, welcher in Deutschland schließen musste, da die Gelder an diesen Ecken gespart werden. Kraftklub positionierte sich zu dieser Thematik klar, solidarisieren sich mit dem Protest gegen die geplanten Kürzungen für die Kulturszene der Stadt Chemnitz.
Punktlandung: 21:15 Uhr, Licht an, Band da
Ohne großes Vorprogramm, ohne künstlichen Spannungsbogen und plötzlich standen sie da: Kraftklub. Eine kleine Bühne, groß genug für die fünf Bandmitglieder, ohne Bühnenbild, keine Pyroshow, einfach nur Musik und ein Chor. Der Innenhof des Schauspielhauses bebte, als bekannte Songs, wie „Schüsse in die Luft“, „Randale“ oder „Fahr mit mir (4×4)“ über das Gelände jagten. Aber auch ein neuer Song wurde gespielt und das nicht nur einmal. „Schief in jedem Chor“ hat gezeigt, wie schnell sich die Fans die Texte ihrer Lieblingsband merken können. Als die Band gegen 22:00 Uhr den Song zum dritten und letzten Mal anstimmt, erweitert sich der Chor um die gesamte Crowd. Wie ein aufgestauter Sturm, der endlich raus durfte.

Kraftklub beim letzten Song mit einem Chor (Foto: Sanne Braun)
Zwischen Nostalgie und Wut
Was wie ein reines Überraschungskonzert begann, wurde spätestens nach den ersten Songpausen klar, denn dieser 45 Minuten-Auftritt hatte mehr Tiefgang. Zwischen den Songs richtete sich Sänger Felix Brummer nämlich direkt ans Publikum und sprach über Chemnitz, über das Gefühl des Vergessenwerdens, über den Wert von Kulturorten und darüber, wie wichtig es ist, laut zu bleiben. „Manche Kommunalpolitiker haben ein Interesse daran, dass Rückzugsorte für alternative Jugendliche verschwinden. Da haben wir keinen Bock drauf.“, sagte er. Der neue Song, welcher an diesem Abend angeteased wurde, passte mit den Lyrics perfekt zur Botschaft: „Solang noch einer fickt euch alle schreit ist hier noch nicht verloren, ich hab noch immer Bock auf Streit, ich singe schief in jedem Chor“.
Ein Abend, der bleibt
Was bleibt von diesem Auftritt? Gänsehaut, verschwommene Handyvideos, Livestreams – welche abgebrochen sind, da zu viele Menschen vor Ort waren und nicht mal eine WhatsApp Nachricht rausgehen konnte. Auch das Wissen, dass Musik politisch sein kann und darf. Und dass Menschen dafür Hunderte Kilometer anreisen.