Der große Picky Magazine Jahresrückblick 2022: Die besten EPs

EPs haben sich in den letzten Jahren immer stärker als Musikformat bewährt. Es wäre also achtlos, das Format im Rahmen unseres Jahresrückblicks zu vernachlässigen. Daher haben wir euch, auch hier in alphabetischer Reihenfolge, unsere 20 liebsten EPs des Jahres 2022 zum Nachhören zusammengetragen.

Apsilon – 32 Zähne 

Wer OG Keemo mag, wird Apsilon lieben. Straight aus Moabit kam dieses Jahr die EP, die die deutsche Rapszene gebraucht hat. Neben einer Stimme mit Wiedererkennungswert bringt Arda, wie Apsilon bürgerlich heißt, ein Talent zum Texten mit, das man nur noch selten antrifft. Gesellschaftliche Missstände, Alltagsrassismus, Druck, der jungen Menschen von außen auferlegt wird Apsilon bringt all diese und noch mehr Themen auf den Punkt. (picked by Hannah)

Blood Orange – Four Songs 

Bei der neuesten Track-Sammlung von Blood Orange, die als EP im September veröffentlicht wurde, knüpft jeder Song stimmlich nahtlos an seinen Vorgänger an. So wird eine durchweg homogene Atmosphäre geschaffen, in der man für etwas mehr als 10 Minuten komplett versinken und das ganze Drumherum vergessen kann. (picked by Sofia)

BROCKHOFF – Sharks

Um es in Betterovs Worten zu sagen, welchen die Newcomerin aus Hamburg diesen Dezember auf Tour begleitete: “Hört euch ihre ,Sharks’ EP an. Mein persönlicher Favourite ist ,Ever since we met’. Aber alle Songs sind so, so gut.” Dito. BROCKHOFF beschreibt auf ihrer Debüt-EP alltägliche Situationen derart präzise, sodass man das Gefühl bekommt, man sei Augenzeuge des Besungenen. Jeder einzelne der fünf Songs lebt von äußerst detailreichen Bildern, die eine eigene Welt eröffnen, in die man entführt wird – man muss sich nur darauf einlassen wollen. (picked by Sofia)

Cinemagraph – Do You Know What We’re Supposed To Do?

Lange hörte man wenig von der Gruppe aus Mannheim, die sich mit ihrem beschwingten Indie vor ein paar Jahren in all unsere Herzen spielte. Doch dieses Jahr erschienen Cinemagraph endlich wieder auf der Bildfläche: Und zwar in schwarz-weiß und mit neuem Sound im Gepäck. Die poppigeren und experimentelleren Töne, die auf “Do You Know What We’re Supposed To Do?” angeschlagen werden, stehen der Band extrem gut und sind eine beachtliche Weiterentwicklung. Absolute Hörempfehlung: die Hit-Single “I Hate That We’ll Be Strangers In A While”, die stellvertrertend für die neue DNA der Band steht.  (picked by Sofia)

So Soon – Then

So Soon verkörpern mit ihrer künstlerischen Version nicht nur das Gegenstück zum immer schneller werdenden Puls der Zeit, sie sind auch das Pendant zur Sequenzierung in der Musikindustrie. So entstand ihre Debüt-EP “Then” über einen Zeitraum mehrerer Jahre hinweg. Ein organischer Prozess, nichts zu überstürzt. Den Songs hört man diese Entstehungsgeschichte an. Jeder Ton ist gezielt gesetzt, jede Tonspur eine Momentaufnahme ihrer Entstehung selbst. In ihnen wird der Prozess des Erwachsenwerdens in all seinen Höhen und Tiefen thematisiert. Hierbei tanzen die Zeitebenen umeinander – irgendwo zwischen dem Jetzt und der Vergangenheit spielen sich die Geschichten auf “Then” ab. (picked by Sofia)

Donkey Kid – Distant Shouts 

Stets detailreich rückt Donkey Kid den banalen, meist häuslichen Alltag mitsamt seinen psychischen Nöten aus einer jugendlichen Perspektive in den Fokus, so auch auf “Distant Shouts”. Er liefert, wie er selbst schon auf „Necklace“ sagt, „A special perspective“ auf die Dinge, fackelt Genregrenzen ab und kreiert konfuse, aber zugleich präzise lyrische Bilder, die vorm inneren Auge des Zuhörenden direkt einen Kurzfilm lostreten. Egal, ob ausgefallene Straßenlaternen, Eiscreme zum Frühstück oder ein verschobener Schlafrhythmus – Donkey Kid weiß, wie spannendes Storytelling geht und zeigt auf seiner Debüt-EP, wie weit das Spektrum seiner Soundgefilde reichen kann. (picked by Sofia)

Fiese Luise – Alles so Liquid 

Irgendwo zwischen der frühen Grimes und New Wave schleicht sich eine sanfte Stimme in den Gehörgang. Vielleicht hat man sie schon einmal bei einem Song von Miese Mau vernommen, aber ihre erste eigene EP lullt ein und hebt ab in ferne Klangwelten. Fiese Luise macht Musik für die, die viel träumen und fühlen. (picked by Elsa) 

Forward – So Glad We’ve Almost Made It 

Die Achterkombo aus Hannover ist ein Unikat in der deutschen Indie-Szene, keine Frage! Doch FORWARDs DNA einzig und allein auf die große Bandbesetzung zu reduzieren, würde der Truppe keineswegs gerecht werden. Es sind vor allem die Texte, die zwischen den Polen der Nostalgie und Sehnsucht hin- und herpendeln, die nachhaltig berühren und der Band ein Alleinstellungsmerkmal verleihen. Auf der aktuellen EP “So Glad We’ve Almost Made It” wird eine Beziehung zwischen zwei Personen, die nie zur richtigen Zeit die gleichen Gefühle füreinander entwickeln und kommunizieren können, verhandelt. Eine intime Konzept-EP, die die Magie und Tragik des Beinahen auf fünf Songs aus allerlei Perspektiven beleuchtet. (picked by Sofia)

GAST – GAST

Der Sound von GAST trägt nicht nur verletzende Melancholie und die Umtriebigkeit einer ganzen Großstadt in sich. Mit erschreckend treffenden Lyrics und einem kaum in Worte zu fassenden, roughen Signature-Sound hat das Duo dieses Jahr eine mit drei Songs gefüllte EP geschaffen, die genauso viel Lust zum Tanzen wie zum Weinen macht. Im besten Sinne, versteht sich. (picked by Hannah)

Hotel Rimini – Die Zeit schlägt mich tot, aber ich schlag zurück 

Hotel Rimini ist der musikalische Ausdruck all jener, die sich genauso wohl am Rand fühlen, wie das lyrische Ich auf dem Song “Fassaden”, das schwermütig Blicke in das sorgfältige Leben anderer wirft. Dazu kommt Julius Forsters markante und unverwechselbarer Stimme, die die Umstände sinnbildlicher nicht ausdrücken könnte. Beim Hören ihrer Debüt-EP “Die Zeit schlägt mich tot, aber ich schlag zurück” sind Assoziationen mit deutschsprachigen Größen wie Element Of Crime naheliegend – ganz ohne Hotel Rimini je auf diesen Vergleich reduzieren zu wollen, gar zu können. (picked by Sofia)

Joesef – Just Come Home with Me Tonight

Zugegeben: Eigentlich handelt es sich bei diesem Werk nicht um eine EP, sondern um eine Kollektion der Vorab-Singles des heiß erwarteten Debütalbums “Permanent Damage” des schottischen Singer und Songwriters. Und trotzdem verdient sie sich ein Plätzchen in dieser Liste, denn jeder der einzelnen vier Songs macht dermaßen Lust darauf, sich Joesefs Geschichten endlich auf Albumlänge anzuhören, dass einem nichts anderes übrig bleibt, als den 13. Januar schon mal akribisch im Kalender zu markieren. (picked by Sofia)

KeKe – just for fun

Diese EP ist eine wunderbare Symbiose aus Selbstliebe und den Momenten, in denen man zweifelt. Besonders Kekes „Thick“ auf „just for fun“ pusht einen in Momenten, in denen man es geradezu braucht. Die Selflovehymne, entfaltet so viel Power und Confidence, dass man sich beim Hören einfach nur schön und stark fühlen kann.  (picked by Janina)

Luke Noa – Wide Awake

Wunderkind Luke Noa beweist auf “Wide Awake” abermals sein Gespür für Produktion und Klang. Ein besonderer Leckerbissen sind die Saxophon- und Trompeten-Arrangements im “Intro” und auf dem Titeltrack der EP. Auch das bewegende Duett “21” mit der Berliner Künstlerin THALA ist ein absolutes Highlight zum Dahinschmelzen. (picked by Sofia)

MELE – 300 Möglichkeiten

Seit MELEs jüngster EP „300 Möglichkeiten“ mögen sich Kenner*innen streiten, ob der dritte Track „bitte küss mich“ an ihren 2019er Hit „deine cousine“ herankommt. Vielleicht kann man auch einfach diplomatisch festhalten, dass beide Songs mehr als nur eine Daseinsberechtigung haben. Ihr habt „300 Möglichkeiten“, aber mindestens eine davon sollte sein, MELE zu hören. (picked by Fe)

Monako – In Shapes I-III 

Ein musikalisches Experiment, von dem wir uns glücklich schätzen dürfen in diesem Jahr Zeug*innen geworden zu sein: Monako featuren auf ihrer “In Shapes I-III” EP mehrere internationale Künstler*innen (u.a. Bibi Club, Vagaboon) und dehnen Genregrenzen soweit ins Unermessliche, dass diese sichtbare Risse davon tragen. Im dazugehörigen Kurzfilm von Elif Küçük (dazu an anderer Stelle unseres Jahresrückblicks noch mehr) werden die klanglichen Spähren Monakos nicht nur auf beeinduckende Art und Weise um ihre visuelle Ebene ergänzt, sondern darüber hinaus auch in den Kontext zwischenmenschlicher Beziehungen, in Zeiten in denen eben diese vertagt werden mussten, gesetzt. Ein durch und durch künstlerisch wertvolles Werk mit avantgardistischen Zügen. (picked by Sofia)

Philine Sonny – Lose Yourself

Philine Sonny schreibt keine Lieder für Gewinnertypen. Ihre Kunst empfängt viel mehr all diejenigen mit offenen Armen, die noch ihren Platz in der Welt suchen, die nicht so recht wissen, wo sie mit sich selbst hinwollen – geschweige denn, wo sie hingehören. Nach dem Hören liest sich der EP-Titel wie ein Aufruf. Wie ein Appell an sich selbst, keine Angst davor zu haben sich auch mal in Niederlagen zu stürzen. Denn wer sich nicht verliert, der kann sich auch nicht wiederfinden. So einfach ist das manchmal. Anyways, wenn das erst die Debüt-EP war, muss man Ehrfurcht davor haben, was in Zukunft noch kommt. You go, Philine! (picked by Sofia)

SCHRAMM – I made this for myself (I didn’t make it for you)

Das Debüt des Wuppertaler Indie-Rock-Künstlers ist wirklich ein Werk für sich. SCHRAMM malt hier einen Kontrast zwischen musikalischem Selbstbewusstsein, das seine allerersten Songs bis zur letzten Sekunde durchdacht klingen lässt, und Texten voller Unsicherheit zwischenmenschlicher Beziehungen. Alles ganz ehrlich und energiegeladen. (picked by Elsa)

TEMMIS – Klinge 

Die vier von Max Rieger produzierten Songs auf der zweiten EP “Klinge” waren nochmal ein deutlicher Sprung zu der ohnehin schon guten namensgebenden Single. (picked by Johannes)

The Clockworks – The Clockworks 

Die selbstbetitelte Debüt-EP der vier Iren mit drei schnellen Post Punk- und einer entschleunigenden Akustik-Nummer machen definitiv Lust auf ein Album. (picked by Johannes)

Willow Parlo – Willow Parlo

Die Essenz des Sounds der Newcomer Band aus Hamburg liegt ganz klar in ihrer Sensibilität für Melodien, die dazu einladen, sich in selbigen fallen zu lassen. Trotz der Schwere, die den Texten inne liegt, blitzt in den Songs ihrer selbstbetitelten EP immer wieder ein Hoffnungsschimmer hervor, der vor allem durch die malerischen Soundgebilde in den Vordergrund gestellt wird. Willow Parlo is for the restless. (picked by Sofia)

TL;DR?

Hier findest du die von uns ausgewählten Picks aller Kategorien in der großen Jahresrückblicks-Playlist: