Ein Werk für sich: SCHRAMM debütiert mit „I made this for myself (I didn’t make it for you)“

SCHRAMM (Fotos: Arno Geister)

Man kennt ihn noch nicht lange unter diesem Namen und auf der Bildfläche erschien er vorher auch nicht, sondern huschte immer hinter den Kulissen anderer Künstler*innen herum. Jetzt aber tritt SCHRAMM mit einer eigenen EP ins Rampenlicht: „I made this for myself (I didn’t make it for you)“ ist ein musikalischer Anfang, in dem er sich, wie der Titel verrät, ganz nach seinen Vorstellungen ausgetobt hat. Voller Post-Punk, Energie und Ehrlichkeit trifft der Wuppertaler trotzdem den Nerv der Zeit (und meinen Geschmack).

Wenn man zufällig über SCHRAMM stolpert, hineinhört und merkt, wie der Kopf automatisch mitzunicken beginnt, wird man überrascht sein, dass sich außer fünf frisch veröffentlichten Songs nichts in der Diskographie befindet. In seinem Sound bewegt sich etwas, das schon so perfekt ausformuliert klingt, als wüsste er ganz genau wohin jede Note, jeder Beat der Drum Machine gehört. Vielleicht tut er das auch. Schlussendlich arbeitet der Künstler, der mit vollem Namen Arne Schramm heißt, seit mehreren Jahren im kreativen Bereich. Gerade hinter der Kamera stand er oft, sei es im Rahmen von Fotografie oder Videoproduktion für beispielsweise Viva con Agua. Dass dort irgendwann das Bedürfnis aufkommt etwas komplett frei zu gestalten, wirkt nachvollziehbar. „I made this for myself (I didn’t make it for you)“ kommt musikalisch zwar souverän daher, aber steht in einem Kontrast zu den Lyrics voller Unsicherheiten zwischenmenschlicher Beziehungen. SCHRAMM weiß was er will und irgendwie auch wieder nicht.

Eröffnet wird die EP mit einem Lied, der den wunderbar nachempfindbaren Titel „I died when you asked me to go out“ trägt. Es geht um das Gefühl der Aufregung, wenn die andere Person die stille Anziehung erwidert, die man sich selber nie ganz getraut hat zu zeigen. SCHRAMM verpackt das Ganze in einen tanzbaren Song, dessen Geschwindigkeit sich gut mit der des Beines überschneidet, welches bei Nervosität gerne mal auf und ab wippt. Liebhaber*innen von The Strokes werden sich hier (sowie bei „When you’re gone„) besonders aufgehoben fühlen – Seine sanfte Stimme und die Melodie der Gitarre erinnert auf die beste Weise an die New Yorker Indie-Rock-Pioniere. Auch das Musikvideo zeigt eine Romanze mit amerikanischer High School Ästhetik, die viel zu zuckersüß anzusehen ist.

Sweatyhands“ ist von einem ähnlichen Sentiment geprägt, nur dass der Fokus auf den schwitzigen Händen liegt, die ebenfalls öfter eine Begleiterscheinung darstellen. Ohne metaphorische Verschleierungen erzählt SCHRAMM von seiner Unbeholfenheit und wie sie ihn davon abhält, Gefühle dem Gegenüber offenzulegen. „I’m sorry my mixed messages are confusing to you but all this energy between us makes me dizzy“ singt er – schön wär’s, wenn man immer so ehrlich kommunizieren würde. Als nächstes kommt die erste Single der EP, die am lautesten und energetischsten hervorsticht. „Off without me“ ist geprägt von Post-Punk-Düsternis, rohen Riffs und der Problematik emotionaler Abhängigkeit. Die Verzweiflung, die darauf folgt, könnte musikalisch nicht besser spürbar sein.

Zum Ende hin fängt SCHRAMM auf einmal an vereinzelt deutsche Zeilen einzubauen, was sich überraschend gut in das Geflecht der Musik fügt. „Mehr Zeit mit dir“ wiederholt den Titel mantraartig im Refrain, sodass man nach dem zweiten Mal hören fast automatisch mitsprechen muss. Doch so oft wie man sich dies auch sagt, Zeit kann nicht immer alle Beziehungsprobleme lösen, wie er reflektiert. Das Outro „Streichholzmann“ singt er dann komplett auf deutsch. Fast nur von der Gitarre begleitet geht er für die andere Person in Flammen auf, bis er ausgebrannt ist. Das Licht geht aus. Die Kopfhörer werden still. Was SCHRAMM hier geschaffen hat, ist ein Debüt, welches sich auf musikalischer sowie emotionaler Ebene ins Herz schleicht und nicht so schnell wieder herauskommen wird. Sich in den ersten veröffentlichten Songs schon gefunden zu haben, genau und ehrlich auszudrücken was man fühlt, wirkt alles andere als einfach. So möchte man als Zuhörer*in teils durch den Raum tanzen, mal elendig in der Ecke sitzen. Und eigentlich immer zu auf den Repeat-Button klicken.

In die ganze EP könnt ihr hier hineinhören: