A special perspective: Donkey Kid debütiert mit „Distant Shouts“

Donkey Kid (Foto: Joseph Strauch)

Seit vergangenem Jahr gilt Donkey Kid szeneintern als einer der vielversprechendsten Newcomer des Landes. Auf seiner Debüt-EP „Distant Shouts“, die diesen Freitag erscheint, stellt er unter Beweis, warum er diesen Ruf absolut zu Recht genießt.

Als Donkey Kid mit „Linger On“ letztes Jahr auf der Bildfläche erschien, schwirrten die Zeitebenen um die Silhouette eines in Ledermantel gekleideten Jungen herum. Irgendwo zwischen vergangenen musikalischen Jahrzehnten und dem Jetzt postulierte der Newcomer seinen Sound, dessen Spektrum er nun auf seiner Debüt-EP in Gänze auslotet. Smith-eske Melodien, verträumte Synthies, elektronische Elemente, düstere Gitarren. Donkey Kid macht auf seiner EP jedes Songfragment unvorhersehbar, er hat das Momentum der Überraschung auf seiner Seite.

Hits aus dem Untergrund

Wer sich seit jeher damit profiliert, die SoundCloud-Diskografien des Eseljungen besser zu kennen als jede*r andere, wird sich über das Erscheinen der EP besonders freuen. So haben es einige Demo-Perlen aus dem Sumpf aus Untergrund-Hits auf „Distant Shouts“ geschafft. Dazu gehören alle Tracks auf der EP inklusive „Necklace“, der vorab samt sehenswertem Animationsvideo als Single ausgekoppelt wurde.

Auch wenn Demo-Versionen natürlich ihren ganz eigenen Charme besitzen, klingen die aufpolierten Songs nun noch facettenreicher und sind in all ihrer Genialität genießbar. Großen Anteil daran hat mit Sicherheit Marco Kleebauer (u.a. Leyya, Sharktank), mit dem Donkey Kid im Frühjahr die EP in Wien produzierte.

In his room Donkey Kid is a stable man

Als Hauptstadtkind stolpert man vermutlich andauernd über Ereignisse, die man in Musik ummünzen kann. Zumindest mangelt es nicht an Geschehnissen, die fürs Songwriting interessant sein könnten – sollte man meinen. Doch beim genaueren Hinhören scheinen sich die eigenen vier Wände als zentraler Schauplatz von Donkey Kids Musik herauszukristallisieren. Denn: „In [his] room [he is] a stable man“, wie er etwa auf dem Song „Girl Outside“ beteuert. Mal wird die Decke angestarrt (Necklace), dann starrt die Wand ein andermal zurück (Digging Holes). Donkey Kids Zimmer ist manchmal der Ort des bloßen Seins, öfter jedoch Ort der Isolation und des Rückzugs. 

“I know my floor, I know my walls, I know it all”

Donkey Kid – Girl Outside

Was willst du uns sagen, Donkey Kid?

Hinter der Willkür, die man den metaphorischen Bildern zunächst zuschreiben würde, steckt aber mehr: Es ist die erfrischende und zugleich verworrene Perspektive auf die Dinge, die Donkey Kid hier mit uns teilt und in ein breitgefächertes Musikverständnis einbettet. So verleiht er den wahllosesten Dingen eine ganz eigene Poesie. Egal, ob ausgefallene Straßenlaternen, Eiscreme zum Frühstück oder ein verschobener Schlafrhythmus – Donkey Kid weiß, wie spannendes Storytelling geht.

Zudem hat er keine Scheu vor dem Offenbaren (s)einer Traurigkeit, in die man tief mit eintauchen kann; ihr wird vor allem gegen Ende der EP Platz eingeräumt. So zieht Donkey Kid dich mit in das schwarze Loch, das er in „Digging Holes“ buddelt, und zeigt sich auf dem CloserSugar Daughters“ von seiner verletzlichen Seite. Besingt wie schwer es doch sein kann, den für überstanden geglaubten Schmerz final zu überwinden. Donkey Kid buddelt auf „Digging Holes“ aber nicht nur ein Loch, viel mehr baut er eine Brücke darüber. Eine Brücke zwischen Spätsommer und Herbst, zwischen Lady Jane und sich selbst, zwischen Geselligkeit und Isolation. Und am Ende ist er derjenige, der auf der Brücke einzustürzen droht.

„I no longer feel the pressure on my chest, ‘cause the heat turns to cold this time of year”

Donkey Kid – Digging Holes

Donkey Kid liefert, wie er selbst schon auf „Necklace“ sagt, „A special perspective“ auf die Dinge, fackelt Genregrenzen ab und kreiert konfuse, aber zugleich detailverliebte lyrische Bilder, die vorm inneren Auge des Zuhörenden direkt einen Kurzfilm lostreten. Er zeigt uns, wie weit das Spektrum seiner Soundgefilde reichen kann und macht vor allem eins: Bock auf mehr.

Tracklist
(1) Distant Shouts
(2) Necklace
(3) The Girl Outside
(4) Sugar Daughters
(5) Digging Holes (exklusiver Bones Track auf Kassette)

Label: Euphorie
VÖ: 20.05.2022

Und so klingt das: