Der große Picky Magazine Jahresrückblick 2023: Unsere Lieblingsalben

Zwischen den Supergroups, sehnsüchtig Erwarteten und starken Debüts: Das sind die Lieblingsalben 2023 der Picky Magazine-Redaktion.

Arlo Parks – My Soft Machine

Arlo Parks weiß einfach viel zu gut, wie man harte, traurige Themen mit zuckersüßen Popmelodien umhüllt, und sie mit rockigen Gitarrenriffs und Lofi-Beats mischt. “My Soft Machine” greift thematisch noch viel tiefer als ihr erstes Album, die britische Künstlerin singt von physischen sowie psychischen Verletzungen, Ängsten und schwierigen zwischenmenschlichen Beziehungen. Doch auch ein Song über das Verliebtsein hat es mit auf die Platte geschafft: “Impurities” handelt davon, sich gegenseitig mit allem Ballast aus der Vergangenheit anzunehmen, und Arlo’s Zeilen über die Liebe sind schöner denn je. (picked by Janina)

Alice Phoebe Lou – Shelter 

Wachstum und Veränderung tun meistens ziemlich weh, auch wenn es sich am Ende immer lohnt. Alice Phoebe Lou hat diesen Themen ihr fünftes Album “Shelter” gewidmet, auf dem sie sich davon befreit, anderen Menschen gefallen zu wollen. Ihre zarte, verletzliche Stimme in Kombination mit zutiefst ehrlichen, persönlichen Texten trifft mitten ins Herz. Wer schon mal auf einem Konzert von ihr war, weiß, wie ultra sympathisch sie obendrauf noch ist. (picked by Janina)

Jungle – Volcano

Das vierte Album der Londoner Band hat uns 2023 genau das gegeben, was wir brauchten: 14 funky Tracks, die uns mit ihrem Mix aus Elektro, Soul und Hiphop in eine andere Sphäre katapultieren und den Weltschmerz für einen Moment in Watte packen. Mit Features wie Erick the Architect und Channel Tres haben Jungle auf “Volcano” erstklassige Rap-Unterstützung im Gepäck und zeigen, wie outdated Genre-Schubladen sind.  (picked by Janina)

Grian Chatten – Chaos For The Fly 

Über das Album hat Johannes bereits kurz nach seinem Erscheinen berichtet. Der als Frontmann der Fontaines D.C. bekannte Ire veröffentlichte dieses Jahr sein von wunderschön tragischen Erzählungen handelndes Debütalbum. Durch die Abwesenheit seiner eigentlich hervorragenden Bandkollegen stehen die Lyrics unter einem neuen, zweiten Scheinwerfer. Musikalisch vielfältig untermalt beweist Chatten einmal mehr, weswegen er als einer der stärksten Sänger und Texter der vergangenen Jahre betrachtet werden kann. (picked by Johannes & Sofia)

AUGN – Grauer Star / Du wirst sehen 

Als das anonyme Duo Ende 2022 die ersten Auskopplungen aus ihrem Debüt-Doppelalbum vorstellte, wusste niemand so recht, woher der musikalische Rundumschlag rührte. Mit „Grauer Star“ und „Du wirst sehen“ durchbrachen die stetig in Strumpfmasken verhüllten Zyniker in minimalistischer, an die Sleaford Mods erinnernder Post-Punk-Manier die in den letzten Jahren bis auf einzelne Ausnahmen doch eher fad gewordenen deutsche Musiklandschaft. (picked by Johannes)

The Murder Capital – Gigi’s Recovery 

Das Dubliner Quintett steht seit jeher ein wenig im Schatten ihrer musikalischen Brüder Fontaines D.C. Mit ihrem „When I Have Fears“-Nachfolger zeigt die Band nun ihr eigenes Gesicht und zieht sich aus den irisch-britischen Crank-Wave-Konventionen, wobei nach wie vor die von Sänger James McGovern postulierte Wehleidigkeit zusammen mit den Rhythmen ihre ganze Tragweite entfaltet. (picked by Johannes)

Nabihah Iqbal – DREAMER 

Die Londoner Musikerin hat sich nach ihrem Debütalbum in 2017 viel Zeit gelassen, aber es hat sich gelohnt. Dem Titel entsprechend schwimmt ihre Stimme in Dreampop-Gitarrensounds und haucht einem liebliche Bilder ins Ohr, und doch schafft sie es dies mit tanzbaren Drums zu verschmelzen. Der Star der Platte, “This World Couldn’t See Us” tut dabei auf die schönste Weise weh – 44 Minuten und 44 Sekunden ätherischer Clubbesuch, der sich am nächsten Morgen mehr wie ein Traum anfühlt. (picked by Elsa)

Flawless Issues – Modern Past 

Es soll weniger ein Debütalbum sein, als vielmehr der Schnappschuss eines Sommers, den der Künstler in einem kleinen Zimmer in Neukölln verbrachte. In Form von Interludes mit kryptischen Namen bekommt man Eindrücke von Flawless Issues’ klanglicher Welten, die gerade durch ihre Skizzenhaftigkeit lebendig werden. “Modern Past” verleitet dazu, Alben wieder in ihrer Gänze zu hören und an den unerwartetsten Ecken hängenzubleiben. (picked by Elsa)

Miese Mau – Blumenstrauß 

Nach “Verbrecher” aus dem Jahr 2021 stellt sich Miese Mau nun auf dieser Platte (Interview dazu hier) noch mehr den Hürden des Erwachsensein. Wie geht man mit den Fäden um, die eine*n an den Ort der Jugend binden? Wie bleibt neben Alltag und Arbeit noch Zeit für sich? Der Musiker gibt vielleicht keine Antworten, aber kann Gefühle so in metaphorische Worte packen, dass man sich verstanden fühlt und trotz Schwermut zu tanzen beginnt. (picked by Elsa)

Blush Always – You Deserve Romance  

13 Songs, die facettenreicher nicht sein könnten, ohne dabei den Indie-Rock als musikalischen Bezugspunkt aus den Augen zu verlieren. “You Deserve Romance” ist ein Album der Gegensätze, das in sich selbst einen Ruhepol errichtet. Unprätentiös, verletzlich, selbstermutigend und vor allem eine Liebeserklärung an Gitarrenmusik. (picked by Sofia)

boygenius – the record

Always an angel, never a god”. Mantra-artig flößen Phoebe Bridgers, Lucy Dacus und Julien Barker einem diese Zeile auf “Not Strong Enough” – der Hymne auf der gemeinsamen Platte – ein. Es ist einer dieser großen Momente, die “the record” bereit hält und einem zum richtigen Zeitpunkt begegnen kann. (picked by Sofia)

Ilgen-Nur – It’s All Happening 

Während auf “Power Nap” der Rückzug ins eigene Schlafzimmer als Bewältigungs- und Vermeidungsstrategie gefahren wurde, wird auf “It’s All Happening” der Moment gelebt – selbst wenn man ihn noch nicht ganz einordnen kann. Wenn Ilgen-Nur “Nothing scares me more” singt, dann tut sie das in einer Dringlichkeit, die macht, dass man den eigenen Ängsten entwächst. Es geht um Veränderung; vor allem ums Loslassen. (picked by Sofia)

Sophie Lindinger – Sophie Lindinger 

Sophie Lindinger hat mit ihrem selbst betitelten Debüt-Album einen Wahnsinnsstart in ihre Solo-Karriere geschafft. In der Vergangenheit hat sie schon bei Leyya und My Ugly Clementine gezeigt, dass sie es musikalisch so richtig drauf hat, allerdings erforscht sie in diesem sehr persönlichen Album die Höhen und Tiefen ihrer eigenen Psyche. Durch die Verwundbarkeit, die Zweifel und den Herzschmerz, fühlt sich das Album etwas so an, als ob man ein Tagebuch lesen würde. Nichts für Parties, aber definitiv hörenswert. (picked by Ben)

Charlotte Brandi – An den Alptraum

Nach ihrer EP “An das Angstland” knüpfte Charlotte Brandi Anfang dieses Jahres mit “An den Alptraum” an. Die Platte ist gespickt mit schwerwiegenden und beherrschenden Themen wie Misogynie und Machtmissbrauch. Es ist ein Album, das sich Ängsten stellt und viel mit Metaphern spielt. Doch nicht nur durch die Texte, sondern auch durch die Instrumentenwahl sprengt das Album das klassische deutsche Pop-Korsett. “Wie ein weißes Wiesel” fraß sich “An das Angstland” wohl in so einige Herzen. (picked by Nadine) 

Tristan Brusch – Am Wahn 

Manchmal will man traurige Songs hören oder sich wie in einem schnulzigen Sechziger-Jahre-Film fühlen. Oder eben beides. Und genau da kommt Tristan Brusch ins Spiel: Titel wie “Am Herz vorbei” oder “Wahnsinn mich zu lieben” sind ihrer Tragik kaum zu überbieten. Wer schafft es bitte nicht schwach zu werden, wenn eine unverkennbare Stimme auf Tristans Poesie trifft? (picked by Nadine)

SALÒ – Subjektiv betrachtet 

2023 war, in vielen Hinsichten, ein schweres Jahr. Umso schöner ist es, wenn Musik es schafft, uns durch (auf den ersten Blick zumindest) belanglose und alberne Texte aus dem Trott herauszuholen. Mit Tracks wie “Internetfreundin” trifft SALÒ den Zeitgeist – gute Laune inklusive. Eine letzte Frage bleibt allerdings noch: Wie viel Kalorien hat denn jetzt eigentlich der Wahn? (picked by Nadine)

Bibiza – Wiener Schickeria 

Wenn es einer geschafft hat, seine Artist-Identität komplett umzukrempeln, dann ist es Bibiza. Vom Deutschrapper mit Ski-Aggu-Features zum ultimativen Austropopper. Muss man das Album “Wiener Schickeria” in drei Worten zusammenfassen, so fallen mit Sicherheit die Worte “Wien, Koks, Taxi”. Auf seinem ersten, man möchte sagen, Indie-Pop-Album nimmt Bibiza uns nämlich mit auf seine Taxifahrt durch Wiens Nachtleben. Austropop-kulturelle Referenzen und Falco-Feeling inklusive. (picked by Hannah)

fiio – Wir Werden Nur Was Wir Schon Sind 

Bibiza ist nicht der einzige Wiener Rapper, der jetzt Bock auf Indie hat. Das facettenreiche Debütalbum von fiio hält nicht nur rockige Banger wie “Sofia” oder “Power To The People” bereit. Auch Fans der ruhigen Kopfwackelmusik werden mit Nummern wie “Großstadt Cowboys” beglückt. Alles in allem scheint es vor allem textlich so, als hätte fiio mit “Wir Werden Nur Was Wir Schon Sind” das ultimative Coming-Of-Age-Indie-Album geschaffen. (picked by Hannah)

Primetime – Alli Neumann 

Nach zwei Jahren warten hat uns Alli Neumann 2023 mit ihrem zweiten Album “Primetime” beglückt. Mit Alli-esken Funk-Gitarren und rotzcooler Attitüde liefert die Musikerin Track um Track einen Ohrwurm nach dem anderen. Trotz frischem Sound bleibt sie der gitarrenlastigen Klangästhetik treu und versorgt die Hörer*innen mit in Songs verpackten Denkanstößen. Absolute Hörempehlung sind folgende Stücke: “Primetime”, “bittersüßes leben”, “Alien” und “jede nacht zum mond”. (picked by Fe)

Das Leben ist schön – MOLA

Manchmal ist das Leben scheiße, manchmal ist es wunderschön. MOLA erklärt auf “Das Leben ist schön”, wieso auch die schlechten Tage schrecklich schön sein können. Dabei nimmt sie uns mit an den Kneipentresen (“Fred”), raucht gemeinsam mit uns die  “Letzte Kippe” und kündigt ihrem Herzen den Krieg an (“Weil mein Herz ein Lügner ist”).  (picked by Fe)

TL;DR?

Hier findest du die von uns ausgewählten Picks aller Kategorien in der großen Jahresrückblicks-Playlist: