Shelter Boy im Interview: „Wer sagt denn hier eigentlich, dass es ein Album gibt?“

Shelter Boy

Bevor die ganze Pandemie so richtig losging, hat er noch abends kleine Clubs mit seiner Indiemucke gefüllt und die schwitzende Menge zum Tanzen gebracht. Und jetzt, ziemlich genau ein Jahr später, sitzt Shelter Boy Zuhause und redet mit Picky Elsa ein bisschen über musikalische Inspirationen, die Deutung der Bedeutung von Lyrics und von wo er den Beat für Atmosphere geklaut hat. Ob es nun bald ein erstes Album geben wird, das findet ihr vielleicht auch heraus.

Die letzten Wochen waren ja, verhältnismäßig zur momentanen Situation, ereignisreicher: Atmosphere ist rausgekommen, du hattest Geburtstag… Ist die Aufregung mittlerweile abgeklungen?

Es war gar nicht so aufregend, muss ich sagen, da alles im Internet passiert. Ich habe das Gefühl, da es ja jetzt der dritte Release in der Coronazeit ist, dass es so absehbar wird. Klar, ein paar Tage bleibt es spannend, aber man kann leider auch gerade nicht viel damit machen.

Kann ich mir vorstellen, ich feiere den Song trotzdem sehr. Letztes Jahr bin ich überhaupt auf deine Musik aufmerksam geworden, da mich eine Freundin mit auf dein Konzert in Leipzig genommen hat – die Tour kurz vor Corona. Wie sehr vermisst du das Live-Spielen gerade?

Wie jeder andere wahrscheinlich mega doll… Ich habe es mir anfangs ein bisschen ausgeredet, ich wollte nicht rumweinen und habe mir gesagt, dass ich jetzt einfach Songs mache. Da bin ich ja eh eigentlich immer alleine mit dem ganzen Stuff, aber als wir wieder angefangen haben mit der Band zu spielen und im Proberaum saßen, dachte ich mir schon so: Alter, es wär geil, dass mal wieder Leuten zu zeigen.

Dann bleibt ja mehr Zeit um ein Album aufzunehmen, oder?

Wer sagt denn hier eigentlich, dass es ein Album gibt? (lacht)

Da hat man schon öfter mal was in so manchem Podcast mitbekommen… Aus dem ersten Album wird ja auch immer so ein großes Ding gemacht, verspürst du da irgendeinen Druck?

Schon, aber ich glaube, dass das gut wird! Und wenn nicht – dann mach ich einfach noch eins. Mir gefällt alles, was ich bis jetzt für das Album gemacht habe, und dadurch kann ich mit mir im Reinen sein, es der Welt zu zeigen.

Bekommen wir denn da auch eine neue Seite von dir zu sehen? Neben Britpop, dessen Einfluss auf Atmosphere stärker zu hören ist als bei den Songs davor, erwähnst du auch immer wieder, wie dich Hip Hop geprägt hat.

Very soon, you will see… Ich darf da gerade leider noch nicht viel zu sagen. Aber ich habe früher in einer Britpop-esquen Band gespielt und von dem Stil war ich für längere Zeit dann weiter weg, gerade als ich mit Shelter Boy angefangen habe. Doch ich merke immer mehr, wie sehr das einfach ein Teil von mir ist und ich es immer noch hart liebe.

Du meintest auch in einem Interview, dass dein Vater dich vor allem musikalisch geprägt hat. Das geht mir da sehr ähnlich, bei mir liefen oft Beatles Platten im Hintergrund. Mit welcher Musik bist du aufgewachsen?

Ja, genauso mit den Beatles, da bin ich wirklich echt nerdy! Sonst Rolling Stones und generell 60ies Sachen aus Großbritannien. Durch meinen Bruder habe ich dann später viel Kanye West gehört. Da hat sich für mich auch nie die Frage gestellt, ob ich jetzt auf Englisch singe oder nicht, das war irgendwie einfach klar.

Was hast du denn dann während des Songschreibens rauf und runter gehört?

Ganz viel Stone Roses und der Beat ist eigentlich von dem Song Loaded von Primal Scream geklaut. Den Drumbeat mit den Congas gab es als Loop, deswegen kam Atmosphere auch überhaupt zustande. Da dachte ich mir so: Nice, sowas wollte ich immer schon mal nutzen. Und im Endeffekt haben Primal Scream den Beat glaube ich auch von den Rolling Stones geklaut – also alles easy. (lacht)

Na dann! Du hast mal in der Vergangenheit gesagt, dass du es teilweise anstrengend findest, immer deine Lyrics erklären zu müssen und sie manchmal lieber einfach so stehen lassen würdest. Den Ansatz fand ich sehr spannend, ging dir das bei Atmosphere ähnlich?

Einerseits ist ja etwas Gutes, andererseits kann es nervig sein, Musik immer positionieren zu müssen. Es kommen immer die Fragen „Worum geht es in dem Song?“ oder „Was meinst du damit?“, aber ich weiß es selber manchmal nicht. Und es ist auch irgendwie egal. Bei Atmosphere sind manche Zeilen sehr konkret, aber eben auch nicht alle. Ich bin zum Beispiel riesiger Bob Dylan Fan und er lebt ganz stark davon, dass die Lieder manchmal etwas surreal sind und dort viel Deutung stattfinden kann.

Absolut, das lässt ja auch dem Hörer mehr Spielraum, darin zu finden, was am besten zu ihm selber passt. Und den Song habt ihr auch durch das Video echt gut in Szene gesetzt, ich finde das Kleid steht dir mit Abstand am besten. War das denn alles deine Idee?

Tatsächlich nicht, das stammt von Valentin Hansen! Ich verfolge sein Zeug schon länger, da ich sehr mag, was er musikalisch und filmisch auf die Beine stellt. Deswegen habe ich ihm einfach geschrieben, ob er Bock hätte etwas zusammen zu machen und es passte eigentlich sofort. Ich wollte seit Ewigkeiten schon mal mit Fish-Eye arbeiten und er kam von sich aus mit der Idee rum.

Auf den Lockdown bezogen, hattest du das Gefühl, dass dir das Musikmachen schwerer oder leichter fällt? In der Szene ist es ja sehr gespalten: Manche Künstler brachten drei Alben im letzten Jahr heraus, von anderen hörte man gar nichts. Wie war das für dich?

Ich glaube weder noch; das Einzige was stört, ist dass man kaum Inspiration bekommt. Wenn die ganzen Erfahrungen, die man macht wenn man irgendwo hinfährt, und das Leben einfach ein Stück weit fehlen, um es jetzt richtig pathetisch auszudrücken – dann fehlt ja auch irgendwie etwas, dass man in Songs umwandeln kann. Trotzdem mache ich aber gerade erstaunlich viel Musik, also alles entspannt.

Das habe ich mir schon gedacht, auf Instagram sind nämlich auch Bilder zu finden, auf denen du mit den Jungs von Jeremias in einem Studio zu sehen bist. Darf ich fragen was da so abgeht?

Jeremias haben das gleiche Management wie ich und wir kennen uns auch schon mega lang. Sie haben sich für eine Woche ein Haus gemietet um Mucke zu machen und da bin ich dann für ein paar Tage hin, um meinen Stuff aufzunehmen. Aber es gab keinen gemeinsamen Song oder so, das wäre auch irgendwie weird. (lacht)

Und zum Schluss, bei Picky gibt es am Ende der Interviews immer einen Blank Space, wo der Künstler loswerden kann, was ihm noch wichtig ist.

Uhhh…

Sorry für den Druck!

Ne alles gut! Ich glaube darum soll es ja gehen, oder? Hm… Kifft weniger und raucht mehr CBD.

Das werde ich auf jeden Fall drin lassen.