Selbstironisch zu mehr Selbstbewusstsein: SHARKTANK veröffentlichen ihr neues Album „Acting Funny“

SHARKTANK (Foto: Hanna Fasching)

Am Freitag erschien das zweite Album „Acting Funny“ des Trios aus Österreich, das deutlicher denn je zeigt: SHARKTANK lassen sich nicht in eine Genre-Schublade packen. Katrin, Mile und Marco vermischen Gitarrenriffs und poppige Melodien mit einprägenden Drums, Rap und melodischen Vocals. Und das klingt verdammt gut.

Auf dem Cover des Albums tummeln sich der kleine Maulwurf und seine Freunde auf einer Wiese, allerdings nicht so, wie wir das von früher kennen. Sie sehen ein bisschen desillusioniert aus, aber gut drauf. They’re acting funny. Das Artwork wurde von dem Künstler FRESH MAX entworfen. „Sich merkwürdig verhalten“ oder „komisch wirken“ – das bedeutet „acting funny“ laut der Google-Übersetzung. Dieser Zustand sollte zum roten Faden der Platte von SHARKTANK werden, wie mir Katrin, die Sängerin und Gitarristin der Band, erzählt. Ich habe sie gefragt, wie es dazu kam.

„In dem Album geht es eigentlich um die Entwicklung einer Person. Die Journey von Unsicherheit zu Selbstbewusstsein. Acting Funny ist die Mittelstufe, das kann zwei Bedeutungen haben. Einerseits bedeutet es, komisch oder witzig drauf zu sein. Aber es kann auch bedeuten, sich hinter einer aufgesetzten Fröhlichkeit zu verstecken. Es ist die Zwischenstufe von totaler Unsicherheit zu „Ich scheiß auf alles und mach einfach mein Ding“.“

Das Phänomen der aufgesetzten Fröhlichkeit wird auch im Song „H-A-P-P-Y“ thematisiert. Ich habe Katrin gefragt, ob der Song eine Art Widerstand gegen das vermeintlich verpflichtende immer gut drauf sein in unserer Gesellschaft ist: „Zu dem Song gibt es eine witzige Story. Mile hat sich zum ersten Mal „The Sound of Music“ angeschaut, das hat so einen Disney-Vibe, alle tanzen und singen, das Gras ist grün, der Himmel ist blau, alle sind total freundlich. Wir sind beide in Österreich aufgewachsen und wissen, dass das meist nicht so der Fall ist. Zum anderen sehen wir auf Social Media oft diese Toxic Positivity, nach dem Motto: Wenn du nicht gut drauf bist, ist es ein wasted day. Aber man kann nicht immer fröhlich aus dem Bett steigen. Am Anfang des Songs gibt es den Part eines Kinderchors, den haben wir gesampelt, das fanden wir witzig, weil es so ein klischeehafter Happy-Kindersong ist, der total im Kontrast mit dem Text steht.“

„Still all the bricks I move are chopstick tofu shashliks”

SHARKTANK – „H-A-P-P-Y“

Das Album lebt von Kontrasten und Stilbrüchen, dazu gehören auch die drei kurzen Interludes, die sich zwischen den Songs finden. Eine Stimme mit amerikanischem Akzent erzählt von der Beziehung zu einem Menschen, eine kleine Geschichte in drei Teilen. Erst merkt die Person, dass es nach einem ersten High mit der Person langweilig wird, dass etwas fehlt. Auf dem zweiten Interlude beschreibt die Person eine unangenehme Situation, in der sie sich komisch verhalten hat, weil sie nicht wusste, was sie sagen soll. Auf dem letzten Interlude „23:24“ strotzt die erzählende Stimme vor Selbstbewusstsein und löst sich.

Katrin, Marco und Mile bilden die Band SHARKTANK (Foto: Hanna Fasching)

Auch wenn SHARKTANK auf dem neuen Album wiederzuerkennen sind, hat sich doch einiges verändert, da sind viele neue Sounds und persönliche Texte, es wirkt, als hätten sich die Drei mehr getraut. Katrin erzählt mir, woran das liegt: „Ich glaube der Hauptunterschied zwischen dem ersten und dem zweiten Album ist, dass wir uns als Menschen besser kennengelernt haben. Ich habe Mile erst bei unserem Musikvideodreh kennengelernt, nachdem ich zwei Songs eingesungen habe, Marco habe ich auch nur zwei Mal in real life gesehen, als wir uns entschlossen haben, zusammen Musik zu machen. Da sind die Schamgrenzen natürlich ein bisschen höher, als sie jetzt sind, gerade wenn es so etwas Persönliches ist wie Texten oder das Einsingen vor anderen Leuten, das ist eigentlich total intim. Man ist dann ein bisschen auf der Hut und überanalysiert, zumindest war das bei mir so. […] Durch diese fallenden Schamgrenzen kommt man mehr aus sich heraus und macht Sachen, die man davor nie gemacht hätte. Dabei ergibt sich viel Vertrauen.“

In einem Interview zum ersten Album „Get It Done“ habe ich gelesen, dass die Drei einfach ins Studio gegangen sind, und sich alles Weitere spontan ergeben hat. War das beim Entstehungsprozess von „Acting Funny“ anders?

„Der Prozess war relativ ähnlich wie beim ersten Album, wir sind ins Studio gegangen, haben Sachen eingesungen, eingespielt, und an einem Tag war ein Track fertig. Irgendwann kamen wir an einen Punkt, an dem uns auffiel, dass wir uns ein bisschen wiederholen, in der Vorgehensweise und im Sound, und das wollten wir nicht. Dann haben wir uns eine halbe Stunde zusammengesetzt und darüber gesprochen, was unsere tatsächlichen Ziele für das Album sind, was wir approachen, welchen Sound wir wollen, was wir gerade selbst hören. Und auf einmal waren wir alle auf derselben Seite und haben weitergemacht. Das war das erste Mal, dass wir so richtig über Musik geredet haben. Das haben wir bis dahin nicht gemacht. Dadurch haben wir uns anderen Möglichkeiten gegenüber weiter geöffnet.“

Katrins Lieblingstrack auf dem Album ist übrigens „Acting Funny“: „Das war einer der erste Song, den wir geschrieben haben. Ich finde das ist einer der schönsten Texte.“

„It’s not your presence that makes a home” – eine Zeile, die ausdrückt, dass man sich nicht von einer anderen Person abhängig machen sollte, um sich zuhause zu fühlen, meint Katrin. „Dass man sich selbst genug ist. Das habe ich lernen müssen in der Zeit und habe das im Text ausgedrückt.“

Diese neugewonnene Offenheit hört man dem Album an. Im April und Mai geht die Band auf ihre erste eigene Tour, endlich. Anwesenheitspflicht!

Jetzt in SHARKTANK’s „Acting Funny” reinhören: