Ein Regenbogen aus Albumcovern: Sechs queere Platten für den Pride Month

Pride-cover

Schon immer war die Kunst ein Zufluchtsort für Menschen, die nicht dem gesellschaftlichen Idealbild entsprachen. Eine Möglichkeit, um das wahre Ich auszuleben. Kein Wunder, dass gerade in der Musikszene ebenfalls viele Mitglieder der LGBTQ+ Community vertreten sind und ihnen mit der Zeit mehr Aufmerksamkeit zu Teil wird. Dabei ist ein Coming Out, selbst im Jahr 2021, keine einfache Sache. Besonders wenn man von den Leuten um sich herum nicht immer Akzeptanz und Unterstützung erfährt – und im Falle eine*r Künstler*in die ganze Welt zusieht.

Umso bestärkender ist es, wenn es schon Musiker*innen gibt, die diesen Schritt gemacht haben und offen mit den Themen Sexualität und Geschlecht umgehen. Solch ein Mensch, zu dem man aufschaut, kann für noch nicht geoutete Fans eine Hilfe sein, um den Mut aufzubringen zu sich selber zu stehen. Anlehnend an den Stonewall-Aufstand 1969 ist der Monat Juni eine wichtige Zeit, um auf die Situation der queeren Community aufmerksam zu machen: Zu diesem Anlass bekommt ihr nun hier eine bunte Auswahl an Alben. Passend zu jeder Farbe der klassischen Regenbogenflagge stelle ich euch jetzt Meisterwerke von LGBTQ+ Künstler*innen vor, die ihr euch auch in unserer Pride Playlist anhören könnt.

© LLT Records

Mavi Phoenix – Boys Toys

„Oh Mavi what has happened to you? I’m sorry to say I’m just your average dude“: Mit diesem kraftvollen Debüt hat uns Mavi Phoenix durch den ersten Lockdown gebracht. Der Österreicher ist zwar schon seit mehreren Jahren kein Geheimtipp in der Szene mehr, aber ein Instagrampost schlug Anfang 2020 Wellen: Er gab seine Transidentität bekannt. Seitdem kann man beobachten, wie er sich in seiner Musik und sich selbst tagtäglich wohler fühlt. Ein Ergebnis dessen ist nun Boys Toys, ein abwechslungsreiches Rap-Album mit Texten, die den selbstbewussten Mann zeigen, der Mavi geworden ist.

© Dizzy Fae, LLC

Dizzy Fae – Free Form Mixtape

Im ersten größeren Release der amerikanischen Künstlerin erforscht sie ihre eigene Identität – auch auf musikalische Weise. Hier ist der Name Free Form Mixtape Programm, es gibt keine Struktur oder einen roten Faden, der sich durch alles zieht. Ihr düsterer R’n’B zeigt sich vielfältig, auf allen Ebenen. Dizzy Fae singt über ihre Erfahrungen als schwarze, queere Musikerin in einer Welt, die sie wegen beider Eigenschaften zu unterdrücken versucht. Da ist es umso kraftvoller zu sehen, wie sie nun mit ihren Songs Repräsentation für ihre Community schafft.

© Caroline International

Sam Vance-Law – Homotopia

Es wäre wohl ein Verbrechen, in diesem Artikel nicht Sam Vance-Laws Debüt zu erwähnen. Das Konzeptalbum, das den in Berlin lebenden Künstler in all unsere Playlisten katapultiert hat, strahlt und funkelt, doch die Texte erzählen von der teils harschen Realität des Schwulseins. „And his lips touched mine, Now my nose is bleeding“ heißt es in Wanted To. Der Kampf ist noch nicht vorbei, scheint er sagen zu wollen. Und doch haben seine Songs eine unglaubliche Leichtigkeit, die auch durch Elemente klassischer Musik unterstützt wird, und uns auf Wolke Sieben schweben lässt.

© AMF Records

Marika Hackman – I’m Not Your Man

Leider ist die Fetischisierung von LGBTQ+ Paaren immer noch sehr gängig. Marika Hackman hat da keine Lust drauf und rechnet gleich im ersten Song des Albums, Boyfriend, mit den gaffenden Meinungen mancher Männer ab. „It’s fine ‚cause I am just a girl, ‚It doesn’t count‘, He knows a woman needs a man to make her shout“ singt sie sarkastisch im Refrain. Indie-Pop mit Ironie und Herzschmerz durchzieht die ganze Platte, aber auch der ein oder andere softe Folksong schiebt sich dazwischen – ein stimmiges Werk über den Alltag queerer Liebe.

© Young Turks Recordings Ltd

The XX – I See You

Das letzte Album des Londoner Trios pulsiert deutlich stärker als die Vorgänger. Sie sind mit ihren minimalistischen Songs bekannt geworden und haben sich mit I See You nun ein bisschen mehr getraut: Spannende elektronische Sounds und Beats, die nach langen Clubnächten klingen. Natürlich erweicht Romy Crofts Samtstimme auf ein paar ruhigen Tracks auch das Herz der Hörer*innen. Am schönsten ist es aber immer noch, wenn sie und Oliver Sim miteinander singen und auf eine unglaublich intime Weise harmonieren. Man könnte fast meinen, sie sängen zueinander, doch der Schein trügt – beide sind homosexuell.

© Robot Needs Home Collective

Kermes – We Choose Pretty Names

Was wäre die queere Musikszene ohne Indie-Punk Bands, die Sexist*innen lautstark in ihre Schranken weisen? Kermes aus Leicester macht genau das – und vieles mehr. Frontsängerin Emily erzählt in Yr Beast beispielsweise über die schwierige Lebensrealität als Transgender, in der die eigene Identität von der Gesellschaft kaum ernstgenommen wird und man allein um das Recht auf Existenz kämpfen muss. Die Songs sind (nachvollziehbarerweise) laut und wütend, untermalt von kratzigen Gitarren und schnellen Drums, ein paar sanfte Stellen sorgen für Abwechslung.

Unsere Playlist zum Pride Month mit Musik aus diesem Artikel und vielen weiteren queeren Songs findet ihr hier. Ein paar alte Klassiker, ein paar frischere Releases von und für die LGBTQ+ Community. Lasst euch feiern!🏳️‍🌈