Rap in minimalistisch: Bruder schweben mit ihrem Debüt „Biloba“ davon

bruder-biloba

Der deutschprachige Hip-Hop bekommt heute Zuwachs: Das Duo Bruder, welches sich zwischen Leipzig und Berlin bewegt, veröffentlicht seine allererste EP. Lo-Fi Beats verbunden mit einer sanften Priese Pop ummalen Texte, die sich so verletzlich zeigen, dass man sich sofort in ihnen wiederfindet. Nur drei Songs füllen Biloba – was diese hergeben, erfahrt ihr hier.

Eigentlich kennen sich Josef und Gustav schon seit dem Kindheitsalter. Aufgewachsen in Dörfern in der Pampa verschlug es die beiden irgendwann in die Großstadt und vor ein paar Jahren fingen sie ebenfalls an gemeinsam kreativ zu werden. Das Produkt dieser Zusammenarbeit ist nun ihr Projekt Bruder – ob der Name wohl eine Referenz zu ihrer langen Freundschaft darstellt? Wie dem auch sei, hier stehen sich Kontraste gegenüber, die sehr gut zusammen harmonieren: Eine tiefe Rapstimme trifft auf hohen Gesang, schnelle Strophen werden mit ruhigen Refrains gebrochen.

Track 1 – Dunkler Begleiter

Ganz minimalistisch beginnt der Song – und das bleibt er auch. Doch durch diese Soundwahl liegt der Fokus auf den Lyrics, die bei Bruder das Hauptaugenmerk zu sein scheinen. Josef erzählt offen über die Negativität in ihm, die das Leben erschwert und nicht verlässt. Angst vor dem Versagen ist nur einer der Dämonen, die hier erwähnt werden, doch anstatt diese zu ignorieren, plädiert er dafür sich ihnen zu stellen. Wie soll Schmerz auch verschwinden, wenn man dessen Existenz nicht einmal akzeptiert? Ein teils verzerrtes Klavier unterstreicht die düstere Stimmung des Stückes noch weiter, gerade das Outro am Ende lädt zum In-Gefühlen-Versinken ein.

Track 2 – Loslassen

Die erste Single, die auch in unserem Picky Radar Anfang Oktober einen Platz fand, ist das Vorzeigelied von Biloba. Die Zuhörer*innen bekommen hier Lo-Fi Sounds, die so in einem der beliebten 10-stündigen „beats to study to“ Videos auf YouTube laufen könnten. Auch textlich sind Bruder viel hoffnungsvoller unterwegs als auf den restlichen Songs – Es wirkt wie die Ruhe nach dem Sturm in musikalischer Form. Sie plädieren für die Leichtigkeit des Lebens, die entsteht, wenn man loslassen kann und untermalen dies geschickt mit Klaviermelodien. Gerade Gustavs sanfte Stimme gibt dem Song dann genau die Schwerelosigkeit, die von den beiden besungen wird.

Jeder auf der Suche nach der richtigen Mische

Nimm dir jemanden mit für deine wichtigen Schritte

Keine Extreme, treffen uns in der Mitte

Schenke dir ’ne Strophe voller Kalendersprüche

Track 3 – Doros Song

Was wäre eine Debütveröffentlichung ohne ein Liebeslied… Doch in diesem Fall schwebt das Duo nicht wie in Loslassen davor weiter auf Wolke sieben, sondern bewegt sich eher auf dem Boden der Tatsachen. Der verbissene Kampf um eine Beziehung wird hier thematisiert. Man ist sich seinen negativen Seiten bewusst und möchte gern besser sein, doch trotzdem geraten die Partner*innen nach so langer gemeinsamer Zeit immer wieder aneinander. „Ich kann nicht alles für dich geben ohne mich zu verlieren“ stellt die wohl wichtigste Aussage des Stückes dar – man muss den Punkt erkennen, an dem Weiterkämpfen mehr kaputt macht als repariert. Was vielleicht zu bemängeln ist, wäre die Beatwahl, die ein Ticken zu sehr an den Standard im Deutschrap erinnert. Trotzdem lässt der Track die EP gut ausklingen und beinhaltet wieder ein schönes instrumentales Outro zur Abrundung.

Biloba in voller Länge könnt ihr euch hier auch genauer anhören: