Interview: Power Plush zwischen Emotionen, Polonaise-Pits und EP-Aufnahme

Power Plush, bestehend aus Svenja, Anja, Maria und Nino, sind eine aufstrebende Indie-Band aus Chemnitz. Die Band spielte bereits einige Live-Auftritte und war Support für Bands wie den Leoniden. Nach einigen Singles folgt nun ihre Debüt-EP „Vomiting Emotions“. Im Interview mit Picky Carlotta haben Nino und Maria über ihre Musik, die Harmonie als Band und natürlich ihre EP gesprochen.

picky Carlotta: Hallo, ihr Lieben. Schön, euch wiederzusehen. Wollt ihr euch vielleicht einmal kurz vorstellen für die Picky-Leser*innen, die euch noch nicht kennen?


Maria: Wir sind Nino und Maria von Power Plush. Wir sind 2 von 4 Personen in der Band. Als Band Power Plush leben und wirken wir in Chemnitz. Und in der Konstellation, in der wir heute sind, gibt es uns seit letzten Sommer. Und wir haben Großes vor. Wir spielen Indie-Musik.

Erfahrungen der Live-Auftritte

picky Carlotta: Ihr habt mal erzählt, dass ihr die Polonaise wieder hip machen wollt. Wie klappt’s denn bisher damit?

Nino: Ja voll, eigentlich klappt es in der Regel voll gut. Es ist echt krass, wie gut das klappt. Zwar nicht überall, aber zum Beispiel Chemnitz beim Atomaren Sommer mit den Leoniden und Whitey En Vogue, da war das ziemlich krass. Da ist es quasi in einen normalen Circle Pit ausgeartet. Das sah voll schön, es war halt nicht so brutal wie ein Circle Pit, sondern viel lieber.
Maria: Ja, bisschen netter. Und auch bei den Picknick-Konzerten haben die Leute auf ihren Decken ein paar Circle-Polonaisen gemacht. Das war auch ganz sweet.


picky Carlotta: Lieb das. Wie waren denn eure ersten Konzerte insgesamt so?


Nino: Es war schön. Es war schon ein bisschen krass. Ich hab‘ noch nie mit anderen zusammengespielt auf der Bühne und von daher war das für mich schon ein gewisser Prozess, der bei den Konzerten zusammen gekommen ist. Ich hab‘ das auch gemerkt, dass bei den letzten Konzerten viel mehr geflutscht hat alles, dass wir uns viel mehr verstanden haben auf der Bühne. Und dass die Atmosphäre viel entspannter war, als noch bei den Rikas-Konzerten.



picky Carlotta: Und wie ist es mit dem Publikum? Werdet ihr gut angenommen?


Maria: Wir haben bisher Support-Shows gespielt und da kannte uns oft ein Großteil der Leute nicht. Und ich hatte schon das Gefühl, dass die meisten uns erstmal kennenlernen mussten und wir sie auch von uns überzeugen mussten in dem Sinne. Aber das Publikum war bisher eigentlich immer total offen. Manche kannte uns tatsächlich schon und hatten unsere Songs gehört und haben uns das dann auch erzählt. Das ist natürlich für uns total schön zu hören. Die die uns nicht kannten, habe ich bisher das Gefühl gehabt, dass wir diese auch für uns gewinnen konnten und von unserer Musik überzeugen konnten. Mehr können wir uns da auch gar nicht wünschen an der Stelle.



picky Carlotta: Was sagt ihr denn jetzt nach der ersten Mini-Tour: Welches Essential darf auf keinen Fall auf Tour vergessen werden?


Nino: Meine Frisbee.
Maria: Anti-Mücken Zeug

Bild von: Daniel Fransk

Entstehung der Debüt-EP „Vomiting Emotions“


picky Carlotta: Wie kam es denn ursprünglich zu dem Plüsch im Namen?


Nino: (zeigt auf Maria) Du hast ja den Namen mit aus gewählt, also…
Maria: Stimmt. Ich würde sagen, etwas mehr Plüsch kommt auch bald. (Lacht) Dann hört man den Plüsch vielleicht etwas mehr raus. Generell sind wir live wahrscheinlich auch nochmal ein bisschen rockiger als auf Platte. Aber das Plüsch an sich zeigt sich vor allem auch in den Texten, weil wir ja manchmal sehr rohe Texte schreiben. Also roh in dem Sinn, dass die oft sehr nah an uns dran sind und auch sehr gefühlsbeladen sind irgendwie. Einerseits kontrastieren wir das dann auch mit der Musik. Manchmal geben wir uns dem aber auch so hin, zum Beispiel über weiche Gitarrenklänge. Wir versuchen so eine Balance zwischen dem Kraftvollen und dem Sanften zu finden, sodass es nicht nur das Eine oder das Andere ist, sondern beides gleichzeitig.


picky Carlotta: Bei eurer EP geht es ja auch viel an Emotionen, die sehr nah an euch dran sind. Zum Beispiel in „I need to rearrange my life“: Haben die thematisierten Selbstzweifel etwas mit dem Findungsphase als junge Person zu tun?


Nino: Ich glaube das ist nicht so einfach zu beantworten, weil wir beide den Text nicht hauptsächlich geschrieben haben. Ich glaube weder noch.
Maria: ja, ich glaube. So wie ich ihn verstehe, auch den Song an sich, ist es glaube ich eher so ein Generationen-Ding. Also, dass man sehr viele Dinge macht und manches aber auch nicht so ganz und dann muss man sich irgendwie sortieren und man muss versuchen eine Organisation zu finden für sich selbst, die einem dabei hilft, mehr halt zu finden. Ob das dann gelingt, sei eher mal dahin gestellt. Ja, ich würde sagen, die Selbstzweifel spielen da auf jeden Fall auch eine Rolle. Die Gewissheit, dass man eigentlich irgendwann an einem Punkt weiß, dass man sich nicht gut tut. Aber man tut es trotzdem, weil man nicht so aus dem Modus herauskommt. An sich müsste das Anja mehr beantworten, weil sie den Text geschrieben hat.



picky Carlotta: Hm, vielleicht dann eher auf musikalischer Ebene. Welchen eurer Songs mögt ihr am liebsten?


Maria: Hm das ist schwierig. Hast du einen Lieblingssong, Nino?
Nino: Oh, muss ich kurz nachdenken. „Feels“ ist mein Lieblingssong, glaube ich. Einfach, weil der am meisten Spaß zu spielen macht. Geht gut nach vorne.
Maria: Ja, ich glaube „Fine as hell“ ist mein Lieblingssong. (lacht) Weil der so ein bisschen weird ist. Ich finde diese krass dolle Plüschige hat „Fine as hell“ total, weil der so gediegen eigentlich startet. Alles ist entspannt, sommerlich weich und dann gibt‘s die Diskrepanz in der Musik selbst. Wenn man das dann mit dem Text verknüpft – Idealisierung von Einzelpersonen – finde ich das einfach sehr sehr treffend und passend von der Musik her.



picky Carlotta: „Fine as hell“ ist ehrlich gesagt mein Lieblingssong von euch. Der ist ja auch auf der EP und handelt von der Leichtigkeit des Schwärmens und der Idealisierung von Personen. Bleibt ihr lieber auf Abstand und bewahrt euch selbst das Ideal von anderen Personen?


Maria: Also ich glaube in der Band ist das ganz unterschiedlich, würde ich erstmal sagen. Aus persönlicher Perspektive würde ich sagen, erstmal auf Abstand. Ich bewahre mir dann lieber das Ideal und versuche nicht herauszufinden, ob das dann stimmt. (Lacht)
Nino: Ich glaube ich bin genauso. (Lacht)

„Wenn bei jemandem etwas raus muss, muss es raus. Das ist für uns alle okay. Wir versuchen, uns da in unseren Gefühlsauswüchsen so gut zu unterstützen, wie wir es irgendwie können und zelebrieren, dass man das nicht zurückhalten muss.“

Maria über das Ausleben von Emotionen

picky Carlotta: Ich wollte auch mal zum Intro eurer EP kommen. Ich find es sehr amüsant und es gibt mir irgendwie auch so Proberaum-Vibes. Wie kam es dazu? (Anmerkung d. Red.: Maria und Nino lachen bereits vor dem Ende der Frage.)


Maria: Das Intro an sich hat auf jeden Fall Spaß gemacht. Ich glaube das zelebrieren wir einfach auch diesen Anspruch von „Wir kotzen jetzt hier unsere Gefühle aus“ und weil wir das im persönlichen Umgang auch machen. Und das einfach bei uns zum menschlichen Umgang dazugehört. Wenn bei jemandem etwas raus muss, muss es raus. Das ist für uns alle okay. Wir versuchen, uns da in unseren Gefühlsauswüchsen so gut zu unterstützen, wie wir es irgendwie können und zelebrieren, dass man das nicht zurückhalten muss.
Nino: Voll. Marian unser Producer, der hat da auch einen maßgeblichen Anteil dran gehabt. (Maria lacht.) Wir hatten einfach übelst abgefuckte Ideen, als wir das gemacht haben. Dann haben wir einfach gemacht.
Maria: Ja, voll. Und wegen der Proberaum-Vibes: Das ist ja alles im Proberaum entstanden. Auch die EP ist im Proberaum entstanden. Gemeinsam mit unserem Producer, der all sein Equipment angekarrt hat, und sich dann dort zwei Wochen mit uns verschanzt hat.



picky Carlotta: Wie war denn der Prozess der EP-Aufnahme so für euch? Sehr anstrengend oder eher Spaß?


Nino: Klar war es anstrengend. Aber alles andere wäre auch komisch, wenn es nicht anstrengend wäre. Aber es hat auch Spaß gemacht trotzdem. Es war auch irgendwie alles sehr sehr schön.
Maria: Ja!
Nino: Wenn man zusammen in der Freundesgruppe sowas geschaffen hat.


picky Carlotta: Apropos Freundesgruppe – Wieso wolltet ihr auf „Vomiting Emotions“ genau diese Art von Emotionen-Chaos darstellen? 


Nino: Ich glaube darauf haben wir gar nicht direkt abgezielt. Es kam halt eher dadurch zustande, dass wir alle irgendwie Songs schreiben und wir alle in verschiedenen Situationen gerade sind, dementsprechend auch verschiedene Emotionen durchlaufen. Daher ist einfach dieses Wirre entstanden, weil wir gerade alle in einer anderen Situation sind.


picky Carlotta: Also ist dieses kollaborative Arbeiten sehr wichtig für euch als Band?


Maria: Ja, schon. Wie arbeiten eigentlich an jedem Song zusammen und schauen, wo der Song hingehen kann. Gerade bei den Songs auf der EP, war das so, dass wir uns in jedes Bild hineinfühlen konnten, selbst wenn der Text nicht von einem selbst kam. Einfach weil es sehr nachvollziehbare Emotionen sind, die dort geschildert werden. Letztendlich ist es dann dieses Konglomerat an Emotionen geworden. Da war der Titel dann treffend.



picky Carlotta: Eine Frage, die Picky Sofia brennend interessiert: Habt ihr den Song „Friday Night Guy“ eigentlich mal einem Friday Night Guy gezeigt? 


Maria: Ne! Bisher noch nicht.
Nino: Ich frag‘ mich, ob wir überhaupt Einen persönlich kennen. Zumindest im engeren Freundeskreis.
picky Carlotta: Wenn ihr das mal macht, müsst ihr mal von der Reaktion berichten!
Nino: Voll!
Maria: Ja, voll! Das Ding ist ja irgendwie, wir haben den Song geschrieben, als wir noch in einem Club gearbeitet haben. Seitdem die Clubs zu haben… Hm, naja.
Nino: Ist auch witzig. Seitdem die Clubs zu sind, haben wir nicht mehr so wütende Emotionen gehabt. Könnte man mal drüber nachdenken. (lachen)

Chemnitz als Inspirations- und Wirkungszentrum

picky Carlotta: Da fällt mir doch direkt euer Video zu „Never“ ein. Das hat diese Retro-Vibes durch das Karaoke-Bar-Setting. Wie entstehen denn eure Videos?

Maria: Kommt immer drauf an. Wir haben jetzt erst drei. Beim ersten Video zu „Never“ hatten wir schon eine konkrete Idee und wir haben uns da mit dem Asymmtry Collective zusammengesetzt. Im Endeffekt haben sie dann aber das gemacht, was daraus letztendlich geworden ist. Wenn sie uns unterstützen, ist es natürlich toll, wenn sie sich auch kreativ ausleben können. Bei „Smth cool“ hatten wir eine Stimmung vorgegeben: wir wollten, dass es sommerlich ist. Asymmtry Collective und ein Freund haben dann ein Storyboard erstellt, das von uns abgesegnet wurde und das haben wir dann abgearbeitet. Wir mussten danach ein bisschen warten, weil das Video analog gedreht wurde – deshalb der Retro-Vibe.

Nino: Shoutout an Asymmtry!

 
picky Carlotta: Was bedeutet Chemnitz eigentlich aktuell für euch?


Nino: Ich sehe Chemnitz so ein bisschen als Konglomerat an Menschen, die irgendwie kreativ tätig sind und supportive sind. Dementsprechend ist Chemnitz für uns auch übelst geil für unsere Weiterentwicklung und generell unser Schaffen. Liegt vielleicht auch an dieser Bubble, in der wir herumvegetieren. Aber für uns ist das auf jeden Fall so.
Maria: Ich hatte immer das Gefühl, ich bin ja zugezogen, selbst als ich noch nicht in der Bubble war, war es in Chemnitz direkt so, dass ich mir sagen konnte „Okay, du gehst niemandem auf die Nerven, du kannst im Prinzip alles machen, was du möchtest.“ und –
Nino: Außer du bist zu laut! (Lacht)
Maria: Außer du bist zu laut. (Lacht) Dann kannst du vielleicht Probleme bekommen. Aber das Problem haben wir zum Glück im Bandbüro nicht. Dementsprechend ist es einfach so, dass du in dieser Stadt Freiräume hast, die in anderen Städten in dieser Form vielleicht existieren, aber schon sehr überlaufen sind. Es ist schon sehr hilfreich als junge kreative Person in einer Stadt wie Chemnitz zu wohnen.
Nino: Ich glaube es liegt auch daran, dass wenn eine Band oder Künstler*in aus Chemnitz erfolgreich ist, zelebriert die Stadt das auch mehr, als vielleicht andere Städte. Ich könnte dir jetzt keine 3 Bands aus Dresden aufzählen.

picky Carlotta: Wie geht es denn für Power Plush weiter? Worauf können wir gespannt sein?


Nino: Was dürfen wir sagen?
Maria: Wir können ja sagen, dass wir erstmal noch ein bisschen auftreten werden. Unser Live-Boot Camp abschließen für dieses Jahr (Lacht) Und dann mal gucken, was der Herbst so gibt. Kommt ja auch auf die gesellschaftliche Situation an. Dann wird erstmal die EP gedroppt. Ja, alles weitere ist auch irgendwie noch offen.
Nino: Ja, aber es geht vorwärts.
picky Carlotta: Mega nice, das freut mich sehr. Ich hoffe, dass alle fleißig die EP hören! Dann möchte ich euch abschließend noch Platz für eure Gedanken in einem Blank Space geben. Lasst einfach raus, was ihr noch loswerden möchtet.


Blank Space à la Power Plush


Maria: Was ich loswerden will, ist: Wenn ihr Bock habt, eine Band zu gründen, tut es und macht coole Mukke, auf die ihr Bock habt und habt viel Spaß dabei!
Nino: Dabei würde ich es belassen. (Lacht) Es ist scheißegal, wie gut ihr ein Instrument spielen könnt und ob ihr überhaupt ein Instrument spielen könnt. Es macht viel mehr Spaß mit anderen Leuten zu lernen, als alleine.

Beitragsbild: Daniel Fransk