Foto: Nils Ladewig
Der 19-Jährige Düsseldorfer Pablo Brooks hat vergangene Woche seine EP „Not Like The Movies“ veröffentlicht. Auf insgesamt sechs Songs verarbeitet Pablo alles rundum das Thema Teenagersein und Erwachsenwerden und zeigt Coming-Of-Age-Filmen seinen synthpoppigen Mittelfinger.
Wenn ehemalige YouTuber eine Musikkarriere starten, dann kann das schnell nach hinten losgehen – zumal es auch oft unauthentisch wirkt. Nicht so aber bei Pablo Brooks. Seit 2014 veröffentlichte dieser, ehemals unter dem Namen LifewithPablo, Cover aus seinem Jugendzimmer. Von unter anderem Frank Ocean über The 1975 bis hin zu Sufjan Stevens hat Pablo schon zahlreiche Songs seiner Generation interpretiert. Wer Pablo also damals verfolgt hat, für den muss schon zu diesem Zeitpunkt völlig klar gewesen sein, dass man es hier mit einem musikaffinen Teenager zu tun hat. Mal ganz abgesehen davon, dass er im Jahr 2013 bei der Casting-Show The Voice Kids in den Blind Auditions auftrat.
So ist es acht Jahre später nicht wirklich überraschend, dass Pablo seine Erfüllung in der Musik gefunden hat. Seine „Not Like The Movies“-EP spiegelt die Themen und Fragen wider, die junge Menschen in ihrer Selbstfindungsphase besonders beschäftigen und hüllt diese in ein synthpoppiges Gewand.
Not like the Movies
Die EP wird eröffnet vom Titelsong „Not like the Movies“. Ich hab den Track vergangenen Sommer sehr oft gehört. Ich hatte das Gefühl, dass endlich jemand das, was ich als Abiturientin in einer Pandemie gefühlt habe, in Musik umgemünzt hat.
Der Song hat mir bestätigt, dass es okay ist, dass das letzte Schuljahr nicht so gelaufen ist, wie man es sich immer ausgemalt hat. Oder besser gesagt: wie man es in Amerikanischen Highschool-Filmen immer vorgegaukelt bekam – und dennoch darf man darum trauern das Gefühl zu haben, in einem prägenden Lebensabschnitt wertvolle Erfahrungen verpasst zu haben. „And I try my best to find something that I can hold onto / Do everything to make it feel like I’m not dying in my room.“ singt Pablo und fängt das Gefühl von Isolation präzise ein. „Not Like The Movies“ ist ein ermutigendes Plädoyer für alldiejenigen, die das bedrückende Gefühl nicht loswerden, ihre Jugend an die Pandemie verschwendet zu haben und diese nach dem ganzen Wahnsinn vielleicht nicht mehr nachholen zu können, sogar zu dürfen.
Aber auch unabhängig von der Pandemie umarmt der Song alldiejenigen, die mit 18 noch keinen durchgetakteten Plan vom Leben haben. Die nicht wissen, in welche Stadt sie ziehen sollen. Geschweige denn, wie es nach dem Abschluss für sie weiter gehen soll. Die eher Überforderung anstatt Euphorie beim Gedanken an ihre Zukunft verspüren, weil sie sich in den festen Vorstellungen vom Leben der anderen nicht wiedererkennen können.
„Shopping for perspective on the internet, while all my friends are leaving for business and politics while I just stay the same.“
Pablo Brooks – Not Like The Movies
Kiss Me – GenZ im Lockdown bekommt einen Song
Der zweite Song der EP erzählt wohl noch spezifischer davon, was junge Menschen durch die Pandemie in den vergangenen zwei Jahren verpasst haben. Mit den Worten „Another lonely night at home / I spend four hours on my phone / Looking at you“ meldet sich Pablo in „Kiss Me“ zu Wort. Was erstmal super banal nach einem handysüchtigen Jugendlichen klingt, hat viel mehr Tiefgang als manch einer vermuten würde. Es geht um den sehnlichsten Wunsch nach Begegnungen. Nach intimen Begegnungen in einer Zeit, in der genau solche Begegnungen durch die Pandemie torpediert werden. Da bleibt einem nicht viel mehr übrig, als sich parasozialen Online-Beziehungen hinzugeben und sich gedanklich in Szenarien zu flüchten, die so momentan nicht sein dürfen.
Eine Ode an das zukünftige Ich – Dear Futue Me
Am meisten berührt der Closer „Dear Future Me“. Pablo lässt im Song seinem zukünftigen Ich eine musikalische Grußbotschaft zukommen, in der er hofft, dass sich sein Future-Me all die jugendliche Lebendigkeit und guten Eigenschaften bewahrt hat und gleichzeitig danach fragt, ob sein zukünftiges Ich noch genau so viele Kämpfe voller Selbstzweifel und Ängste gegen sich selbst führt. Mit der abschließenden Frage „Dear future me, do you still live in the movies and wish that it was real?“ schließt sich zum Ende der EP der Kreis und Pablo entlässt sein Gegenwarts-Ich in eine ungewisse aber hoffentlich glorreiche Zukunft.
Die Songs der EP klingen reifer und erwachsener, als die der beiden vorherigen EPs „Red Eyes, Blue Skin“ und „Portrait“ (dessen Titelsong es by the way in einer neuen Version auf „Not like the Movies“ geschafft hat), die mittlerweile auch nicht mehr in den digitalen Diskografien Brooks zu finden sind. Ein Zeichen dafür, dass sich Brooks musikalisch weiterentwickelt hat.
Nicht nur seine Arrangements klingen erwachsener, Pablo tut das auch und erzählt gleichzeitig aus einer erfrischend jungen Perspektive bemerkenswert reflektiert von den Dingen, die ihn gerade im Prozess des Erwachsenwerdens beschäftigen. Pablo Brooks hat seinen ganz eigenes Coming- Of-Age-Drama vertont, das authentischer nicht sein könnte. Und kommt dabei ohne leere Versprechungen und auserzählte Stereotype aus. Stattdessen schafft er Platz für legitime Selbstzweifel und ehrliche Gedanken.
Vor diesem Hintergrund scheint es so, als hätte Pablo sich soundästhetisch und auch sich selbst ein Stück weit gefunden. Es sei ihm gegönnt.