Mia Morgan liefert mit „FLEISCH“ ein Debüt der Extraklasse

Mia Morgan Pressefoto

Foto: Max Sand

Mia Morgan war schon vor ihrem Debütalbum im Herzen der deutschen Indie-Szene angekommen. 2018 landete sie mit „Waveboy“ den Sommer-Indie-Hit, der uns noch Monate später als Ohrwurm durch die Gehörgänge flog. Letzte Woche erschien ihr langersehntes Debütalbum „FLEISCH“. Picky Basti hat sich das Ding angehört und hat eine Menge dazu zu sagen.

Endlich ist es da! „FLEISCH“ – das Debütalbum von Mia Morgan. Der Titel des Albums erschließt sich einem nicht direkt. Mia Morgan selbst ist Veganerin und das Wort „Fleisch“ ist subjektiv gesehen wirklich kein schönes Wort. Was steckt also hinter diesem Titel? Für Mia sind es mehrere Dinge: Ekel, Blut, Verzicht auf Fleisch und die Fleischbeschauung von Frauen im Netz und eigentlich überall, wo sie existieren. Für mich steckt hinter „FLEISCH“ nicht nur das, sondern vor allem ein grandioses Album, dass die deutsche Popmusik ordentlich umkrempelt.

Auf die Fresse-Pop

„FLEISCH“ klingt genauso, wie Mia Morgan selbst ist. Poppig, rockig, ein bisschen girly und brutal ehrlich. Synthies jagen über wummernde Bässe, das Schlagezeug treibt die Melodien nach vorne, alles ist perfekt ausbalanciert. Die Sängerin aus Kassel vereint so viele musikalische Einflüsse in ihrer Musik, dass es keinen Sinn macht zu versuchen sie alle aufzuzählen. Seit ihrer Debüt-EP „Gruftpop“ hat Mia ihren Sound veredelt ohne ihn groß zu verändern. In Zusammenarbeit mit Max Rieger (der bereits mit Drangsal und Casper zusammengearbeitet hat) wurde hier ein wahrer Ohrenschmaus dahin gezaubert.

Für mich liefert „FLEISCH“ einen Sound, der in der deutschen Musikszene immer gefehlt hat. Er ist frisch, tanzbar, mitsingbar und trotzdem ein bisschen aggressiv. Hier wird nicht entschieden ob es jetzt Pop, Rock, Indiesound, Synth-Pop oder sonst etwas ist. Der Mix macht so viel Spaß, dass man eigentlich nichts Anderes mehr hören will. Mias Sound bildet einen perfekten Kontrast zu ihren morbiden Lyrics. Es klingt wohl ein wenig schräg, aber wenn Mia zu bubblegum-ähnlichem Pop Sound darüber singt wie sie das Patriachart abschlachten will, geht mir einfach das Herz auf.

Schau dir doch hier das Video zum Song „JENNIFER CHECK“ an

Das was Mia sagt!

Wenn es eine Sache gibt, die noch besser ist als Mias Sound, sind es ihre Lyrics. Mia sagt, was gesagt werden muss, spricht an worüber sich so viele den Kopf zermürben. Sie singt über Schönheitsideale, Eitelkeit, toxische Beziehungen, Misogynie, das Patriachart, Teenage Angst, mentale Gesundheit, Selbstinszenierung und Selbstliebe. Mia überschreitet Grenzen, vielleicht schafft sie sie sogar ab. Sie beschönigt nicht, sie verheimlicht nicht. Mia schafft Bilder voller Gegensätze, die Missstände gnadenlos aufdecken. Es fließt Blut, es wird gespuckt, gewürgt, und gefleht. Mias Welt ist nicht süß, pink und voller Glitzer. Sie ist dunkel, brutal und aggressiv ehrlich. Sie schafft Utopien; stellt Forderungen im dystopischen Molloch, der sich beim zweiten Hinhören als unsere reale Welt entpuppt.

„FLEISCH“ ist ein politisches Momentum, das aufzeigt, was junge Menschen fühlen, was sie denken und was sie sich wünschen. Mit ihrem Debütalbum wird Mia Morgan zu einer Symbolfigur für die Generation die mit Tumblr ihre Jugend verbracht hat, Popkultur aufgesogen hat und jetzt in den Fängen von Instagram und Co lebt. Forderungen nach mehr Body Positivity, Diversität, Gleichstellung, gegen toxische Beziehungen und patriarchale Ordnungen werden immer lauter. „FLEISCH“ macht all dies zugänglich, macht es hör- und spürbar.

Mia holt uns mit ihrer mitreißenden Musik ab und gibt uns das Gefühl verstanden zu werden und nicht allein zu sein. Sie schafft ein Werk, dass vielen Menschen in ihrer Jugend fehlte. Musik mit der wir uns identifizieren können, die uns aufbaut und für eine Welt kämpft, in der alles ein bisschen weniger scheiße ist.

Fazit

Ich könnte noch weitere 3 Seiten mit Dingen füllen, die ich an „FLEISCH“ feiere. Dieses Album hat alles, was ein gutes Album braucht und noch mehr. Mia Morgan packt die deutsche Musikszene beim Schopfe und rüttelt sie ordentlich auf. Die Art und Weise, auf die Mia Sachverhalte verpackt und anprangert, habe ich seit langem, vielleicht noch nie so gehört.

Ich hoffe, dass sich jeder Mensch dieses Album anhört. Sich die Texte auf der Zunge zergehen lässt und kurz reflektiert, was auf diesem Album eigentlich alles passiert. Mia Morgan gehört für mich schon jetzt zu den ganz großen Künstler*innen dieses Landes.