Verpasste Chancen, toxische Beziehungen und Tinder Matches: Get Jealous widmen sich auf „Casually Causing Heartbreaks“ romantischen Tücken

Get Jealous putzen sich die Zähne für ihre Tour im Frühjahr (Foto: Finn Fredeweß, Henrike Thiel)

Get Jealous haben vergangenen Freitag ihr Debütalbum „Casually Causing Heartbreaks“ via corner.company veröffentlicht. Auf dem Album werden queere Dating-Erfahrungen verhandelt und in ein Riot Pop-Gewand gesteckt.

Get Jealous haben einen intensiven Sommer hinter sich. Nach ihren beiden EPs “Easily” (2020) und “Worried” (2021) wagen sich Marek (Drums), Marike (Bass) und Otto (Gitarre, Gesang) mit “Casually Causing Heartbreaks” endlich auf das Format Album ‒ mit einer Selbstverständlich- und Fertigkeit, die ihresgleichen sucht. Kennengelernt haben sich die drei in den Niederlanden, mittlerweile ist das Riot Pop-Trio in Hamburg ansässig. Auf der Platte kommt auch das rüber, was die Band die vergangenen Monate auf den Festivalbühnen dieses Landes gezeigt hat: Wucht und Energie.

Im Opener werden Zuhörer*innen in das “16”-jährige Ich Ottos zurückversetzt, das langsam aber sicher zu realisieren beginnt, dass es erwachsen wird. “Tell me what it’s all about” singen Get Jealous. Nichts lieber als das: Entschuldigungen, Eingeständnisse und Echtheit: “Casually Causing Heartbreaks” setzt sich in knapp 30 Minuten mit den Höhen und Tiefen in Ottos Gefühlswelt auseinander. Eine musikalische Achterbahnfahrt durch Tinder-Swipes, Gender-Dysphorie, das Erwachsenwerden, Gefühls-Konfusionen und heimliche Schwärmereien, gekoppelt an Hooks, die vor Intensität und Schärfe nahezu zu platzen scheinen.

“I got a little secret”, oder besser gesagt 7 (+1) characters to unlock (siehe Coverartwork). Jeder Track erzählt seine ganz eigene Geschichte mit dem dazugehörigen Protagonisten. Drei der sieben bzw. acht Charaktere, die ebenfalls das Albumcover zieren, das Otto höchst selbst entworfen hat, wurden bereits im Vorhinein als Single-Auskopplungen enthüllt (Sally, Michelle, Sophie). Nun werden die restlichen vier offengelegt, unter ihnen auch “Marie”. Der Track bedient sich an den typischen GJ-Elementen: eine catchy Bassline, voran preschende Drums, druckvolle Gitarren. 

So sieht das von Otto höchst selbst entworfene Artwork zu „Casually Causing Heartbreaks“ aus, das die sieben Protagonisten des Albums zeigt.

Auch die großen Pop-Momente kommen auf dem Album neben dem ganzen Riot nicht zu kurz. So räumen Get Jealous auf “Julia” Platz für ihre sanftere, emotionalere Seite ein. Ein packendes Duett, aber wem gehört die zweite Stimme? Ein paar Geheimnisse scheint die Band trotz der ganzen Leaks und Eingeständnisse doch noch für sich behalten zu wollen. Im Kontrast dazu geht es auf “C-C-C-Call Me” ekstatisch weiter. Die tanzbare Up-tempo-Nummer sticht aus dem Album heraus, ist (ab-)verlangend und wagt den Versuch, Sex als Aspekt von Dating musikalisch zu thematisieren, ohne dem Cringe zu verfallen. 

Das Album endet schließlich, wie es auch begann: mit “Otto” selbst. Der nach sich selbst benannte Track kann als eine Fortsetzung von “Boy Like You” verstanden werden, in dem sich Otto mit den anhaltenden Struggles rundum deren Gender Identity im Kontext von Dating-Erfahrungen auseinandersetzt. Ein Ich, das zwar nicht mehr wie zu Beginn des Albums 16 Jahre alt ist, aber dennoch mit Selbstzweifeln und Unsicherheiten zu kämpfen hat, die tagtäglicher Wegbegleiter sind. Auch wenn das Album in vorherigen Songs den Selbstbezug erkennen lässt, wird er hier an dieser Stelle in aller Deutlich- und Dringlichkeit hergestellt. 

Mit einer musikalischen Mühelosigkeit stellen Marek, Marike und Otto auf ihrem Debüt ihr Metier unter Beweis: Riot Pop ‘til you drop. “Casually Causing Heartbreaks” zeigt alle Facetten und Phasen des sich Verliebens, den damit verbundenen Hürden, Momente jugendlicher Naivität, unschöne Ausgänge und unterm Strich vor allem den Mut zur Selbstreflexion. Wer bin ich in Beziehungen? Wer will ich sein? Das sind essentielle Fragen der LP, denen sich auf unterschiedlichste Art und Weise und durch Teilhabe anderer Protagonisten genähert wird.

In einem Zeitalter, in dem wir uns angewöhnt haben, Dating wie ein unverbindliches, schnelles Match (sowohl Spiel als auch Swipe) zu sehen, appelliert das Album nicht zuletzt durch seinen Titel daran, uns zu erinnern, dass unsere Handlungen in zwischenmenschlichen Beziehungen Konsequenzen haben und wir aus ihnen lernen und an ihnen wachsen können. “I’m just casually being toxic” lautet eine Zeile aus dem Titeltrack ‒ Ein Truismus oder besser gesagt Gestus, den wir nicht einfach so hinnehmen sollten. Wenn eine Erkenntnis nach dem Hören bleibt, dann ist es diese.

PICKY PROUDLY PRESENTS: „Casually Causing Heartbreaks“ Tour (neue Dates!)

01.03.24 Wolfsburg – Sauna Club

06.03.24 Dresden – Groovestation

07.03.24 Jena – MVZ Wagner

08.03.24 Dortmund – Subrosa 

09.03.24 Osnabrück – Bocksmauer

19.03.24 Regensburg – Heimat

21.03.24 Hamburg – Molotow

22.03.24 Husum – Speicher

26.03.24 Berlin – Cassiopeia

27.03.24 Leipzig – Naumanns

02.04.23 Mainz – Schon Schön

04.05.23 Lingen – Alter Schlachthof

Jetzt in „Casually Causing Heartbreaks“ reinhören <3?