Itchy plaudern in ihrem neuen Buch aus dem Nähkästchen

Itchy aka. Itchy Poopzkid aus Eislingen an der Fils sind eine bekannte Größe in der deutschen Punkrockszene. Jetzt haben sie ihr zweites Buch herausgebracht: „ Itchy – 20 YEARS DOWN THE ROAD – How to survive as a Rock Band II“.

Während ihr erstes Buch eher ein Ratgeber für neue Bands sein sollte, geht es im zweiten Teil vor allem um die Erinnerungen der Band, die regelmäßig und akribisch Tagebuch geführt hat. Auf 245 Seiten haben die drei Musiker Panzer, Sibbi und Max ihre Eindrücke von zwanzig Jahren Bandgeschichte zusammengefasst. Der aufmerksame Leser kriegt unter anderem Tagebucheinträge, Eventim-Kommentare, Zeitungsausschnitte, Chat-Screenshots und Kommentare von befreundeten Musikern wie zum Beispiel Hirsch von Montreal oder Ingo von den Donots zu sehen. Jede Menge Material, das nicht nur für Ultra-Fans, sondern auch einfach für Punkliebhaber interessant sein kann. 

Geschichten in Hülle und Fülle

Um eine gewisse Ordnung in so einer Fülle von Material zu schaffen, haben die Musiker sich entschlossen, eine thematische Einteilung in Kapitel vorzunehmen. So ist das erste Kapitel der Freundschaft zwischen den Musikern selbst gewidmet. Eins beschäftigt sich mit Stockbetten, eins mit dem Wetter, und eins mit Fußball (anscheinend stehen die drei so sehr auf Fußball, dass sie es nicht mal hinbekommen haben, das aus ihrem Buch herauszulassen). 

Meine Lieblingskapitel sind wahrscheinlich das über die Fans (die Eventim-Kommentare sind zum Teil einfach zum Schreien) und das über das politische Engagement. Die Band beschreibt hier, wie sie ihre Reichweite genutzt haben, um eine Kampagne namens „Sonar Sucks“ zu unterstützen. Diese Kampagne setzte sich gegen Unterwasserlärm ein, um den Lebensraum von Meeresbewohnern nicht noch ungemütlicher zu gestalten, als der Homo ach so sapiens es sowieso schon tut. Dafür haben sie einen toten Wal gesprengt. Kein Witz. Und weil der Azubi von einem Klumpen Wal getroffen wurde, kamen bei der ersten Aufnahme nicht mal Bilder rum. Es klingt wirklich bizarr, aber die Aktion hat die Reichweite von „Sonar Sucks“ echt gepushed. Hier geht’s direkt zum Video:

Itchy – Why Still Bother (Official Music Video)

Musiker sind auch nur ganz normale Menschen.

Im Kapitel über die Freizeitbeschäftigungen von Panzer, Sibbi und Max ist auch in Auszug aus dem Tourtagebuch der Black Out Problems zu lesen. Es fängt mit dem Anhimmeln eines Fans an, dann werden die Madsen doch für besser gehalten (man kann besser mitsingen, schließlich singen die ja auf Deutsch), und schließlich nerven die Itchys, weil die Blackies immer noch den Beitrag für ihr komisches Buch abgeben müssen. Musiker sind auch nur ganz normale Menschen. 

Schonungslos erzählt die Band auch von den weniger rosigen Seiten des Rockstarlebens – keinen festen Schlafplatz zu haben oder Fans, die einen zu einer Wohnung verfolgen, für die man kaum die Miete bezahlen kann. Der Struggle, sich als Band treu zu bleiben, und trotzdem Geld zu verdienen. Wie teuer es ist, die Rechte an den eigenen Songs vom ehemaligen Plattenlabel zurückzukaufen. Doch egal, was passiert ist, sie haben weitergemacht. Heißt das, die Musiker sind über zwei Dekaden einfach resigniert? Oder haben sie ihre eigene Mitte gefunden und sind jetzt in perfekter Harmonie und trotzen jedem Sturm? 

Ich glaube weder das eine noch das andere. Sonst hätten sie irgendwann die Lust verloren, und es braucht Reibung, um Hitze zu erzeugen. Der Ton macht die Musik. Wisst ihr, was ich meine? Gut. 

Die Musik der Itchys ist für Fans der Donots, der Beatsteaks, Madsen, Jennifer Rostock, der ganzen Punkrockschiene aus Deutschland eben. Ohne sie getroffen zu haben wirken die drei auf mich sympathisch, witzig, und ich würd gerne mal Backstage mit ihnen ein Bier trinken. Dann kann ich auch erzählen, dass ich schon mal mit jemanden gesprochen habe, der den Papst getroffen hat (ja, das haben Itchy nämlich auch schon erlebt).