
Giorgio De Palo aus Berlin zeigt uns auf seiner neuen EP First Waves eine spannende Mischung aus softem Indie und elektronischen Klängen!
Ähnlich wie Fil Bo Riva hat es mit Giorgio De Palo einen weiteren Italiener in die deutsche Hauptstadt verschlagen. Der Künstler vereint in seiner Musik die Einflüsse seiner Kindheit: Jeff Buckley, Jimi Hendrix, Fink und Matt Corby. Nachdem er letztes Jahr seine Debüt-Single Rails veröffentlicht hat, erscheint jetzt seine erste, vier Songs starke EP First Waves.
First Waves beginnt und zieht mich sofort in ihren Bann
Eclipse ist wohl einer der spannendsten Opener, die ich jemals gehört habe. Klingt die Akustik-Gitarre arabisch, oder doch eher nach gypsy? Man weiß es nicht. Dann ein kurzer Abschnitt der so verschoben wie John Frusciante klingt. Es folgt noch eine kurze Traumsequenz und plötzlich geht es los. Ein hynotisierendes Rhythmusgerüst läutet den Song ein, dazu höre ich eine packende Stimme voller Emotion.

Der Song behält sein Tempo und seine Richtung bei, in der Mitte gibt es ein Solo und genau dort, wo es sich so langsam zu wiederholen beginnt, setzt einfach ein elektronischer Beat ein. Wie geil ist das bitte? Absolut volle Punktzahl mit Stern für so einen grandiosen Twist im ersten Song! Dagegen sehen Bobby Fishers Schachzüge alt aus.
Nachdem mich Giorgio De Palo also schon mit dem ersten Song vollkommen eingesammelt hat, legt er direkt mit Rails nach. Die Akkordfolge ist zwar nicht sehr originell, doch baut er mit seiner Stimme und den restlichen Instrumenten dennoch eine solche Spannung auf, dass man sich sofort wieder in der Musik verliert. Obwohl Rails schon zahmer klingt als Eclipse, hat er doch einen sehr anziehenden und angenehmen Sound. Gegen Ende wird ein kleines Solo angedeutet und der Song gibt den Ohren genau das, was sie hören wollen. Behält dabei trotzdem Haltung. Ich bin begeistert, weiter geht’s.
Die erste Hälfte ist rum, was hat wohl die zweite auf Lager?

Die erste Hälfte hat so verdammt gut angefangen, doch muss ich zugeben, dass der dritte Song nun nicht so ganz meins ist. Vivid Dreams klingt zwar schön und melodisch, allerdings finde ich diese Nummer im Vergleich zu den ersten beiden Songs ziemlich langweilig. Der Song erscheint mir ein bisschen wie John Mayer an ruhigen Tagen. Akustische Gitarren, ein sanftes Schlagzeug, dazu eine glitzernde E-Gitarre, die im Hintergrund einige Kontraste zu den vielen hohen Tönen der Stimme erzeugt. Das erneute kleine Solo am Ende klingt zwar authentisch, reißt aber bei mir auch nichts mehr, wie der Omega-Wolf.
Nach so tollen Vorspeisen und einem mittelmäßigen Hauptgang, frage ich mich, was es zum Dessert gibt. Auf der Karte steht, Disruption. Okay. Der letzte Song der EP zergeht zwar auf der Zunge, lässt bei mir aber eher einen käsigen Geschmack im Mund. Die Musik und die Texte klingen beide leicht uninspiriert, außerdem habe ich das Gefühl, den Song schon einmal gehört zu haben. Und zwei mal das selbe essen möchte ich nicht. Der Gesang ist allerdings wieder sehr fein und mit Gefühl. Dass muss man Giorgio De Palo lassen, die Emotionen kann er auf jeden Fall bedienen.
Giorgio De Palo überzeugt mit seiner EP, lässt aber ein paar Wünsche offen
Abschließend kann ich sagen, dass mir die erste Hälfte von First Waves deutlich besser gefallen hat, als die zweite. Es wirkt fast so, als wäre dem Newcomer nach der Hälfte der Platte die kreative Luft ausgegangen und um den Manager zu befriedigen, hat er noch so nebenbei zwei Songs geschrieben. Nicht dass die letzten beiden schlecht wären, nur wenn man mit so einem Knaller wie Eclipse die Erwartungen gleich am Anfang so hoch schraubt, muss man dann auch nachlegen können.
Nichtsdestotrotz hat Giorgio De Palo für mich bewiesen, dass er Potenzial und noch einige Asse im Ärmel für zukünftige Releases hat. Definitiv ein Kanditat für die nächste Überraschung! Und jetzt solltest du dir auch First Waves anhören: