Doch noch gefunden: FRISO gibt seine „Lost Tapes“ preis

FRISO (Foto: Finn Dubbeld)

FRISO ist mehr, als nur Paula Hartmanns Live-DJ. Das wird allerspätestens mit seiner Debüt-EP klar. Picky Hannah hat sie gehört und teilt hier ihre Gedanken zu den “Lost Tapes” mit euch.

“Everything Starts With An Idea” 

“Seit zwei Jahren liegt dieses Projekt rum, und gleichzeitig entwickeln sich die Sachen aber auch irgendwo von selbst […] – That’s what the ‚Lost Tapes‚ is about.”

FRISO holt uns ganz am Anfang seiner Debüt-EP ab, nämlich bei sich selbst. Wie eine Ohrfeige reißt der träge, wummernde Beat uns aus dem Monolog des Musikers. Die Kick? Kickt!

Selbstentfremdung auf dem Weg zur Selbstfindung

Auf “17”, seiner letzten Single vor EP-Release, scheint FRISO seine Jugend, sein 17. Lebensjahr, Revue passieren zu lassen. Aber nicht nur das, diese Zeit seines Lebens scheint ihn nicht loszulassen: “I was turning 17, These times are chasing me”, so die Hook. Dieser Track ist kein 0815-“Jung sein ist geil!”-Song. FRISO malt nicht das klassische unbeschwerte Bild, frei von Sorgen, Verpflichtungen und Alltagstrott. Er zeigt lieber die Überforderung, die Angst vor dem Ende des Rauschs, die Orientierungslosigkeit, die mit dem Aufwachsen einhergeht. 

Tanzen, bis die Beine wehtun, Nächte verschwenden und verschwimmen lassen. Eine fast bedrückende Stimmung schwingt mit den starken Bildern mit. Und das, obwohl gerade diese Zeit kurz vor dem (zumindest auf dem Papier) erwachsen Werden als befreit und unbeschwert gehandelt wird. Selbstentfremdung auf dem Weg zur Selbstfindung scheint der große Deckmantel zu sein, der über all den Erfahrungen liegt, die FRISO besingt. Und das erkennt auch er: “I am a stranger.”

Der “Lost Love Loop”

Den ersten Pluspunkt bekommt der Song schonmal für die Alliteration im Titel. Aber dabei bleibt es nicht. Hallende Vocals legen sich, sanft wie Seide, über die Ohren. Zum Verlieben, quasi. Und da ist er wieder, dieser wummernde, metallische Beat aus dem Intro, der uns während “17” kurz verlassen hatte. Vor meinem inneren Auge ist der “Lost Love Loop” eine orientierungs- und ziellose Autofahrt durch die Nacht – im Schnelldurchlauf. Lichter, die vorbeiziehen, tote Häuser und menschenleere Straßen, die ganz viel Platz zum Denken erlauben. Triefend vor Liebeskummer und Ratlosigkeit singt FRISO Passagen des Songs so schmerzerfüllt, dass ich ihn in den Arm nehmen möchte. Und wenn ein Lovesong das schafft, dann muss er schon sehr gut sein. 

Stairway to Heaven 

Stairway”s Spannungskurve macht ihn zum spannendsten Song der EP: Langsam bahnt sich der Beat mit sphärischen Akkorden an – und dann knallt wieder die Kick rein. Die schiebt fast eineinhalb Minuten lang, dann schwächt der Beat ab, ein kurzes Durchschnaufen, bevor er wieder Fahrt aufnimmt. Das Outro des Songs verschmilzt diese beiden Phasen in einem Spannungsfeld von beruhigendem Chaos.  “It feels like I’m paralyzed”, genau dieses Paralyse-Gefühl überträgt FRISO mit dem Track. Verzweifeltes Tunnelblick-Feeling “with a screwed up mind”.

 

Zwischen Hinterfragen und Aussöhnen

Zum Ende des Tapes kommt auch FRISOs Gedankenwelt zur Ruhe, in die er uns Einblick gewährt. Der Beat wird träge und plötzlich stehen wir vor der Frage: “Is this really who you wanna be?” So ernst, wie diese Frage wirken mag, wird es aber gar nicht. “Pure Evil” spricht vom Lossagen von unterdrücktem Groll und passiver Aggression. “Let’s escape the pure evil” – ja, bitte! Für mehr Liebe, weniger Spielchen und mehr Kommunikation.

Friso und sein Bruder Finn teilen sich eine kreative Ader. Für das Musikvideo zu „Pure Evil“ hat Finn wie gewohnt Regie geführt.

Das Ende der Party

Idea”, ein Outro, das seinem Namen nicht würdiger sein könnte. Gekonnt greift Friso die Begrüßung “Welcome to the Lost Tapes” aus dem Intro wieder auf, aber hüllt sie in ein neues, sanftes Gewand. Klangflächen vermitteln eine fast schwebende Leichtigkeit und obwohl die Kick gen Refrain wieder prominenter wird, scheint dieser Track in sich zu ruhen. So fühlen sich die “Lost Tapes” an, wie eine Reise. Von Selbstentfremdung, Selbstfindung und Liebeskummer über Gefühlschaos auf “Stairway” bis hin zum Aufatmen. “When does the party stop?” – Jetzt.

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