Es brennt entführen uns im Musikvideo zu ihrer neusten Single auf den Weihnachtsmarkt (Foto: Still aus „Kaputt“)
Vor einigen Monaten haben wir euch bereits das Duo Es brennt auf unserem Blog vorgestellt. Kurz vor Jahreswechsel hauen Sören Geißenhöner und Magnus Wichmann nochmal einen raus und thematisieren in ihrer neuesten Single “Kaputt” unsere defekte Welt. Das dazugehörige Musikvideo feiert heute bei uns exklusive Premiere.
Die Welt der Menschen ist kaputt. Und die Menschen auch. Eigentlich ist alles kaputt. Hat der moderne Mensch sein Schicksal schon lange besiegelt und ist zum Verlieren verdammt? Dieser Frage nähern sich Es brennt auf einem aggressiven, voranpreschenden Beat an.
Scheppernde Drums und techno-eske Elemente ziehen einen in den ersten Sekunden direkt in ihren hypnotischen Bann. Instrumental passiert in den 3:34 Minuten unglaublich viel – immer am Rande zum Overload, so wie wir Menschen, die sich stets mit beiden Ellenbogen durch den Alltag boxen. Ist das der Soundtrack für unsere selbst geschaffene Dystopie?
Kaputt und trotzdem hier!
Die mehrmalige Wiederholung der Leit-Formel “Kaputt” im Refrain des Songs lässt jedenfalls darauf schließen, dass die Demolierung unserer Selbst und unserer Umgebung so omnipräsent ist, dass sie nicht mehr von der Hand zu weisen ist. Warum sie also nicht auch in der Musik thematisieren? Es brennt veranlassen das Nötige: einen Song darüber. Angelehnt an den Endzeit-Film “Waterworld”, nur eben ohne die Sci-Fi-Elemente.
Spätestens wenn jeder Atemzug zum Kraftausdruck wird, sollte einem klar werden, dass hier irgendwas nicht stimmt. Die reinste Existenz als Leistung in einer kaputten Welt oder als Kampfansage an die Kaputtheit der Dinge? Es brennt würden uns jedenfalls am liebsten an einen besseren Ort mitnehmen. Die Aufforderung? “Komm doch mit!”
“Kein Ort zu dem ich will, außer nach Dryland.”
Es brennt – Kaputt
Selbstschutz vs. Selbstreflexion?
„Meine Moral ist taub für jede Predigt“ protzt das lyrische Ich in dem Song vor sich hin. “Kaputt” besingt den Menschen in einer marxistisch anmutenden Dialektik als Übel, als unreflektiert und eigennützig. Überheblichkeit, Arroganz, Gier und Hast sind seine Triebwerke, da bleibt für die Rückbesinnung auf Werte und Normen nicht viel Platz. Stattdessen baut man lieber einen Damm für jeden Fluss, der die eigene Eitelkeit zu fluten versuchen könnte. Selbstschutz schlägt Selbstreflexion.
Weihnachtsmarkt-Wahnsinn
Passend dazu werden wir im dazugehörigen Musikvideo auf einen Weihnachtsmarkt entführt – na wenn das nicht mal der örtliche Ausdruck allen kapitalistischen Übels unserer Zeit ist. Der Ort, der die Perfidie aus uns herauskitzelt, sie zur Schau stellt.
So bekommen wir zwei von Sören dargestellte Persönlichkeiten zu Gesicht, die unterschiedlicher nicht sein könnten: eine irre, unreflektierte, von Eigennutz und Konsum besessene Persona versus einen in sich gekehrten, teilnahmslosen Charakter, der zwischen all den anderen die Gleichgültigkeit und Leere selbst verkörpert.
Zwischen unendlich viel Zuckerwatte, Popcorn, Punch, Fahrgeschäften und Buden entgleiten dem (selbst-)süchtigen Charakter jegliche Sitten, während der zweite apathisch und total fehl am Platz wirkt. Aber seht doch selbst:
Exklusive Premiere: Es brennt – “Kaputt”
Die Welt brennt
Was soll noch kommen? Was wird aus uns? Die endgültige Antwort darauf haben Es brennt nicht parat, aber den idealen Soundtrack für den dystopischen Film geschaffen, der sich Wirklichkeit nennt. Ihre schonungslos aufrichtigen Lyrics durchsickern abermals das Gemüt. Wen diese präzisen Umweltbeobachtungen nicht berühren und nachhaltig beschäftigen, hat wohl noch nie an sich und der Welt zweifeln müssen.
