Foto: Merlin Erhardt
Maßgeblich geprägt von ‚Post-Elliott Smith’-Bands findet das Projekt Hallway seine Nische irgendwo zwischen Folk-Rock und Shoegaze. Ein Saxofon trifft auf ein Big-Muff-Pedal, akustische Gitarren auf blubbernde Synthesizer, Slowcore auf Jazz-
Rock.
Picky: Hey, mögt ihr euch kurz vorstellen? Wer seid ihr und wie habt ihr zueinander gefunden?
Hallway: Hey, wir sind Hallway aus München. Wir sind eine Band und haben uns zur Hälfte in der Schule und zur anderen Hälfte in der Münchener DIY-Musikszene kennengelernt.
Picky: Gab es einen entscheidenden Punkt, an dem ihr beschlossen habt, dass ihr zusammen Musik machen wollt?
Hallway: Nein, tatsächlich gab es diesen einen “lass uns eine Band gründen”-Moment gar nicht so. Das ganze ist als Soloprojekt gestartet und dann über die Zeit erst als Trio, mittlerweile als 6-Piece gewachsen. Das waren viele kleine, sehr organische Fügungen.
Picky: Was hat euch dazu bewogen in diesen Zeiten eine Band zu gründen und eine EP zu veröffentlichen, wenn der Musikmarkt auf Single-Releases ausgelegt ist und immer mehr Acts aus dem Boden sprießen, die alleine mit Laptop auf den Festivalbühne stehen? Warum sind Bands, die Gitarrenmusik machen, auch in 2024 unentbehrlich?
Hallway: Wir machen das, weil wir diese Art von Musik einfach selbst am liebsten hören. Auch, wenn es vielleicht im heutigen Musikmarkt nicht das lukrativste Modell ist, wollen wir einfach zusammen spielen, unvorhersehbar sein und unseren eigenen Ansprüchen gerecht werden. Wir glauben fest daran, dass das eigentlich bei jeder Unternehmung der Hauptbeweggrund sein sollte.
Picky: In der Süddeutschen Zeitung wurde euer Sound als “nostalgischer Indierock” beschrieben, der wie der “introspektive Soundtrack zu einem Coming-of-Age-Film” klingt. Was glaubt ihr, woher diese Assoziationen kommen und geht ihr da mit?
Hallway: Ja, ein Stück weit gehen wir da bei unserer EP mit. Dazu muss man sagen, dass diese Songs, die wir da released haben, alle ein bisschen älter sind und eigentlich erstmal sehr akustisch und stripped back entstanden und zum Teil ja auch recorded sind. Wahrscheinlich weckt das diese Indie-Movie-Assoziationen. Es ist jetzt aber kein full on Coming-of-Age-Soundtrack, finden wir.
Picky: Wie würdet ihr denn eure Musik selbst beschreiben?
Hallway: Die neuen Songs sind ein bisschen anders als die EP, sowohl sonisch als auch aus einer Writing-Sicht heraus. Wir arrangieren mittlerweile alles zu sechst und deswegen ist das neue Material ein bisschen dynamischer, unvorhersehbarer und ausgetüftelter. Kurz und knapp: Mal noisy, mal ruhige Momente, mal schön, mal schief.
Picky: Gibt es andere Bands und Künstler*innen die euren Sound stark inspirieren? Guckt ihr dabei eher in die Vergangenheit oder ins Jetzt? Wer ist da künstlerisch spannend für euch?
Hallway: Eigentlich lassen sich aus ganz viel unterschiedlicher Musik Inspirationen ziehen. Von 90s Slowcore-Bands wie Slint über großartige zeitgenössische Songwriter:innen wie Adrianne Lenker (oder auch ältere wie Nick Drake) bis hin zu Acts wie Black Country, New Road oder Caroline hören wir viel unterschiedliche Musik. Wir sind außerdem riesige Notwist-Fans.
Picky: Im April diesen Jahres habt ihr eure s/t Debüt-EP herausgebracht. Von Indie über Folk und Grage bis hin zu Shoegaze-Elementen zeigt ihr euch Genre-technisch sehr vielfältig. Worin liegt die Essenz der EP?
Hallway: Die EP ist in erster Linie einfach mal ein Release. Weil sich das Projekt in der letzten Zeit sowohl aus einer Besetzungssicht als auch musikalisch so verändert hat, mussten wir einfach mal anfangen, Songs rauszubringen. Da hat es halt dann logischerweise die älteren Songs getroffen, die wir schon länger mit uns rumgetragen haben. Deswegen ist der Sound auf der EP nicht unbedingt programmatisch für das Projekt Hallway zu sehen, sondern einfach mal als Baseline, von der aus wir hoffentlich gut weiterarbeiten können.
Picky: Und die Essenz eurer Band?
Hallway: Das finden wir gerade auch mehr und mehr erst selbst heraus. Wir denken, dass es gerade einmal nach einem Jahr zu sechst noch viel zu früh für uns ist, zu wissen, was das Projekt jetzt genau ausmacht. Ist doch auch schön, wenn sich Sachen weiterentwickeln und ändern.
Picky: Wie nehmt ihr Shoegaze bzw. Slowcore im deutschsprachigen Raum wahr? Gibt es dafür hierzulande eine Szene und falls ja, habt ihr schon an sie anknüpfen können?
Hallway: Also eine richtige Szene konnten wir bis jetzt noch nicht ausmachen – vereinzelt gibt es mega coole Bands wie Roomer oder The Sounds They Made aus Berlin oder plainhead aus München, mit denen wir schon zusammen spielen durften. Ansonsten entgeht uns aber bestimmt auch einiges.
Picky: Ihr wohnt in München. Inwiefern nimmt die Stadt Einfluss auf euch als Band? Wie stets um das subkulturelle Angebot?
Hallway: Tatsächlich nimmt unsere Umgebung sehr starken Einfluss auf uns als Band. Wir sind nämlich in München beim Labelkollektiv new basement aktiv und haben dort auch viele wahnsinnig coole Leute (z.B. den erwähnten plainhead) und auch die Hälfte unserer Besetzung kennengelernt. Ohne new basement gäbe es die EP nicht und Hallway wahrscheinlich auch nicht in seiner jetzigen Form. Wir sind mega happy, dass wir da so gut aufgenommen wurden. Auch ansonsten hat München zwar ein sehr schlechtes Image, aber es gibt echt wahnsinnig viele coole und engagierte Leute, die Sachen auf die Beine stellen – wer suchet, der findet!
Dieser Beitrag entstand in Kooperation mit dem Förderprogramm „Pop auf’m Schirm“ des Verband für Popkultur in Bayern e.V. (VPBy).