Welche Namen werden wir wohl bald öfter hören? Unsere liebsten Newcomer*innen, in alphabetischer Reihenfolge.
Akryl
Jemals so gefühlt, als müsse man seiner eigenen Angst entwachsen? Akryl liefert dazu den passenden Soundtrack. Auf ihrer Debüt-EP „Wenn ich groß bin, will ich alles werden außer alt” (ein Wunsch, den wir vielleicht alle schon einmal insgeheim hatten) macht die Newcomerin Platz für zarte Gefühle. Und noch zartere Instrumentals. Es geht um emotionale Wachstumsschmerzen, ohrenbetäubendes Schweigen, Verlustängste und Idealen nicht nachkommen zu wollen. All das verpackt Akryl in Musik, als wäre es ein Leichtes. Gepaart mit einer äußerst bildhaften Sprache und herzgewinnenden Art – so wie zuletzt auf dem KiezKultur Festival in Hannover. (picked by Sofia)
Anatole Muster
Akkordeon erwischt mich immer kalt, weil ich automatisch vier Jahre alt bin und an der Hand meiner Mutter in Hamburg in der Fußgängerzone vor diesem summenden, unbegreifbaren Instrument stehe. Anatole Muster steckt schon mit 22 Jahren knietief in der Jazzbubble, die immer ganz genau weiß, was für eine Akkordverschiebung das ist und virtuose Solos mit einem abfälligen Nicken quittiert. In der Diskografie ist noch Platz, seine Alben sind eher Mixtapes. „hopecore” ist bis dato das reichhaltigste Werk des Schweizers, es bleibt spannend. (picked by Arthur)
Big Sleep
Indie-Rock, der weiß was er tut, scheint sich sehr in Irland zuhause zu fühlen. Die vierköpfige Dubliner Gruppe Big Sleep gibt es zwar schon ein paar Jahre, aber erst im Januar erscheint ihr Debütalbum „Holy Show”. Und der Vorgeschmack darauf? Die perfekte Mischung aus einer viel zu lässigen Stimme, individuellem Klang und einer Hommage an 2010er Bands. Die Melodien sind verspielt, die Texte bewegen sich durch das Chaos des Erwachsenwerdens. Zeilen wie “Just wanna tell you I think you’re really cool” klingen nicht einfach floskelhaft, sondern roh und ehrlich. (picked by Elsa)
Boi Eden
Ambitioniert und mit vollem Einsatz präsentiert sich Boi Eden mit einem unverwechselbaren Sound, der schon jetzt Preise verdient hätte – mit verspielten Vocals, unzähligen Layern, instrumentaler Vielfalt und musikalischer Raffinesse. Im Zentrum seiner Texte steht die Selbstreflexion, verpackt in erfrischend pathetischer Symbolik und dem Glauben an (keinen) Gott. Genregrenzen verschwimmen hier ebenso wie die Grenzen der Kunst, denn die Musik geht Hand in Hand mit der visuellen Identität. Obwohl erst seit 2023 Musik unter diesem Namen erscheint, steckt schon jetzt Liebe in jedem noch so kleinen Detail. Mit dem Titel seiner neuesten EP gibt er die einzig erwartbare Richtung an: Boi Eden will sich „OBEN SEHEN“. (picked by Carlos)
Croíthe
Noch so ’ne irische Indie Band mit einem Namen über den man stolpert, dachte ich mir im ersten Augenblick. Aber gut, dass ich der ganzen Diskografie von ganzen 7 Songs doch eine Chance gegeben habe. Wer simple Gitarrenriffs mit fett viel Distortion und Reverb mit einer perfekten Mischung aus Wehmut und Energie mag, sollte sich den Namen Croíthe (KREE-HA) merken, denn irgendwie erreicht das eine Ecke meines Gehirns, die durch bisher nichts anderes gescratched werden konnte. Die Band hat Ende Oktober ihre erste EP released und hat auf jeden Fall den Grundbaustein für meine Nachts-Nach-Hause-Laufen-Playlist für die Wintermonate gelegt. Eine Band, die in einen kleinen verschwitzten Club vor einigen Jahrzehnten genauso gut passen könnte wie heute und live mindestens doppelt so gut wie im Studio klingt. (picked by Michelle)
Emma Rose
Ihre Stimme zart und zerbrechlich, ihre Texte dafür humorvoll und feministisch. Das ist Emma Rose. Die Künstlerin war wohl eine der schönsten Neuentdeckungen dieses Jahr, da sie einen mit ihrem Charme sofort in ihren Bann zieht – auch die Männer. Bei genauerem Hinhören ihrer Texte nimmt sie das Patriarchat sanft auf den Arm und zerschlägt es gekonnt mit Witz. Emma Rose verbindet Systemkritik mit Ästhetik und Gefühl. (picked by Selli)
Lener
„Wenn man hier Musik macht, dann macht man das der Musik wegen und nicht weil man Teil von irgendeiner Bubble ist oder super cool ist“ – dieser Satz der 26-jährigen Magdalena Haslberger, aka Lener, aus einem BR-Beitrag ist mir sofort hängen geblieben. Vielleicht, weil er so gut beschreibt, wie ihre Musik klingt. Sie kommt aus einem Kaff in Bayern, und auch wenn sie das Chaos und den Puls der Großstadt liebt, ist sie genau dahin wieder zurückgekehrt. Einige kennen sie vielleicht noch als eine Hälfte von SweetLemon, dem jazzy Indie-Pop-Duo mit dem sie bis vor wenigen Jahren noch mit ihrer Zwillingsschwester ziemlich erfolgreich unterwegs war. 2022 hat Lener dann ihre E-Gitarre lauter gedreht, den Lead-Gesang übernommen und ihr eigenes Ding aufgezogen. Und vor allem ihre zweite EP, die sie dieses Jahr veröffentlichte, holt mich komplett ab: Emotional schwere Songs, die aber klanglich voller Energie sind. Tranceartige Vocals, schnelles Picking auf der E-Gitarre, melodischer Bass, laute Drums und psychedelische Sounds des Synthesizers. Für ihr erstes Album experimentiert sie gerade wohl auch auf Deutsch rum – wir sind hyped auf alles, was noch von ihr kommt! (picked by Jenni)
MARNELE
Seit wenigen Jahren mischt die Bochumer Rapperin MARNELE das Deutschrap-Game auf. Als selbsternannte „Perle im Pott“ bewegt sie sich mühelos zwischen Verletzlichkeit und Arroganz, macht Macker klein und NRW groß. Spätestens seit ihrem EP-Release 2023 steckt sie ihre gesamte Energie in die Musik, droppt konstant neue Releases und holt sich mit beslik oder 9inebro genau die richtigen Leute ins Boot. Nach Auftritten auf dem Reeperbahn Festival oder dem Splash im vergangenen Jahr steht 2026 nun die eigene Mini-Tour an. Düsterer Flow, kompromisslose Attitüde und ein Auftritt, der hängen bleibt – wer im Ruhrpott aufpasst, weiß längst: An MARNELE kommt man aktuell nicht vorbei. (picked by Carlos)
Mel D
Wenn die Welt zu düster wirkt, braucht es manchmal eine kleine Erinnerung, dass es auch noch Lichtblicke gibt. Mel D zeigte unserem Team dies in aller Ausführlichkeit, als wir gemeinsam das Even Flow Festival besuchten. Nachdem sie schon mit der Liveband von beispielsweise Faber auf Bühnen stand, macht sich die Schweizer Künstlerin nun einen eigenen Namen und ist mit ihrem Debütalbum durch mehrere Länder getourt. Warme Gitarrensounds, Geschichten über Zauber, Coming-of-Age und Ankommenwollen – im Interview mit Picky bekommt ihr noch ein besseres Bild der Energie, welche die Musik von Mel D auszustrahlen scheint. (picked by Elsa)
Shelly Coral
Shelly Coral hat uns in diesem Jahr mit viel neuer Musik versorgt und im November noch ihren „stuhl im garten“ als EP aufgestellt. Macht es euch gemütlich – mit diesen Worten lässt sich die Song-Sammlung auch gut beschreiben! Mit ihren rohen und verspielten Texten ging die Musikerin in diesem Jahr schon mit Delfinen in der Spree schwimmen und hat dabei „tage nie gezählt“. Mit „stuhl im garten“ liefert Shelly nun einen Mix aus Herzschmerz, Kummer, Versöhnlichkeit und überhaupt Gegensätzen wie auf „von anfang an“. Die Emotionalität ihrer Texte berührt beim Hören nicht nur beiläufig, sondern rüttelt zärtlich an den eigenen Gefühlen. (picked by Elena)
