Kim Hoss ermutigt dazu, laut, „unangenehm“ und pieksig zu sein (Foto: Steffen Geldner)
Für Kim Hoss sind schöne Gefühle nicht nur die, die sich leicht und unbeschwert anfühlen. Sondern alle, auch die, die richtig wehtun. Auf ihrem Debütalbum „Schöne Gefühle“ singt die Künstlerin über Schönheitswahn, gesellschaftliche Erwartungen und das innere Kind.
Was tust du gegen Underboob Sweat? Das wurde Kim auf Instagram von einer Followerin gefragt. Sie antwortete: „Ich tu‘ da nichts dagegen, ich tu da was dafür.“ Und damit war die erste Zeile des Chorus ihres Songs „Underboob Sweat“ geboren. Die Stuttgarter Künstlerin singt über graue Haare, Augenringe, Speck und andere Äußerlichkeiten, die in unserer Gesellschaft oftmals als unschön und verbesserungswürdig angesehen werden. Dabei trifft die bittere Wahrheit stets auf eine gute Prise Humor. Wie auch auf „Cowboy“, einem groovy Song über die Erwartungen der Gesellschaft an eine Frau in ihren 30ern, die nicht mit Ehemann und Kindern im Reihenlaus lebt.
„Fühlst du das auch?“
„Schöne Gefühle“ war der erste Song, den Kim für ihr Album fertig hatte. Er hat ihr „Gefühls-Leben“ maßgeblich verändert, wie sie auf Instagram verrät: „Seit 2 Jahren singe ich diesen Song jeden Tag und er hat mir selbst schon so krass oft geholfen, zu kapieren, was ich fühle…“ Durch die eingängigen Gitarrensounds und Melodien macht der Song direkt gute Laune, er ist mein Liebling des Albums und ich würde ihn am liebsten der ganzen Welt zeigen. Dass das Runterschlucken von Gefühlen nie lange gut geht wissen wir ja eigentlich alle. Dennoch ist es manchmal leichter, als sich der vielleicht unschönen Wahrheit zu stellen. Mit dem Song „Schöne Gefühle“ hat uns Kim ein musikalisches Meisterwerk als Reminder dafür gegeben, Gefühle zuzulassen. Sie annehmen, aussprechen und Platz für neue schaffen:„Mach doch mal den Mund auf, ganz leise oder laut, lass den ganzen Frust mal raus, mach Platz in deinem Bauch, hey, willst du auch schöne Gefühle?„
Das innere Kind an die Hand nehmen
„Wilda“, der siebte Song des Albums, widmet sich dem inneren Kind, das wir alle in uns tragen. Das Lied ist eine Einladung, unser inneres Kind an die Hand zu nehmen, und uns selbst die beste Freundin und der größte Unterstützer zu sein. Nicht nur das Kind in uns hat gelernt, sich anderen anzupassen, weil das oft der bequemere Weg ist. Gerade im Erwachsenenalter ist das oft die Abzweigung, die zu weniger Konflikten oder Diskussionen führt. Fühlt sich nur leider meistens nicht so gut an. Von dem Ausbrechen aus diesem Muster handelt der Song „Chamäleon“, der mit einer rockigen Attitüde daherkommt. Kim macht sich nicht nur in ihrer Musik für wichtige Themen stark, so spricht sie beispielsweise mit Lise van Wersch in ihrem Podcast „The Sirens Collective“ über sexuelle Übergriffe und klärt auf Instagram über ADHS auf.
Das Video zu „Schöne Gefühle“ erscheint am 6. Juni (Foto: Rumeysa Yesilyurt)
Das Debütalbum von Kim Hoss lebt von vielschichtigen Songs, denen es trotz sensibler Themen nicht an musikalischer Leichtigkeit fehlt. Die Texte könnten nicht besser in unsere Zeit passen, die immens von Social Media und dem dort herrschenden Verbesserungsdrang geprägt ist. Umso schöner, dass es da draußen eine Künstlerin gibt, die für das Gegenteil auf diesen Plattformen und in ihrer Musik kämpft.