Il Civetto (Foto: Örding)
Auf ihrem neuen Album zeigen Il Civetto, dass hinter dem vermeintlich oberflächlichen Stempel einer Sommerband auch Tiefe steckt. Dennoch kommt „Liebe auf Eis“ in gewohnter Il Civetto-Späti-Manier daher.
Von mehrsprachig zu einsprachig
Fünf der insgesamt 12 Songs auf dem neuen Album hat die Berliner Band bereits vor Album-Release vergangenen Freitag veröffentlicht. Dabei waren Feature-Songs mit MOLA und Trille, die schon mal für den Rest des Albums warm gemacht haben. Vielmehr Spannung lag also auf den bis dato geheimen Tracks, und ob sie sich als Perlen oder sogar die wahren Albumslieblinge entpuppen würden. Einen grundlegenden Unterschied zum vorherigen Album gibt’s auf jeden Fall: „Liebe auf Eis“ ist komplett auf deutsch. Bisher war die Band bekannt für verschiedenste Spracheinflüsse auf ihren Songs, ein bisschen portugiesisch hier, ein bisschen französisch da. Zugegebenermaßen kam da kurz ein Wermutstropfen auf, da die Kombination aus deutschem Gesang mit anderen Sprachen durch die voluminöse Stimme des Sängers Leon Keiditsch schon sehr besonders ist. Aber Bands entwickeln sich weiter, und die alten Tracks gibt’s ja immer noch zu hören.
Flauschige Beats gegen toxische Männlichkeit
Nun aber zur neuen Musik von Il Civetto. Der erste Song, der den gleichen Namen wie das Album trägt, bleibt poppig wie er ist direkt im Kopf hängen und gibt Limo auf dem Balkon oder Roadtrip-Vibes. Auf „Boys Do Cry“ mit Trille singen die Musiker gegen festgefahrene Vorstellungen von Männlichkeit an. Dieses durchaus komplexe Thema haben sie in flauschige Beats gepackt, die fröhlich klingeln und das Zelebrieren der eigenen Verletzlichkeit in den Fokus stellen. „Bei dir“ catcht mit soften Beats und eingängigen Gitarren- und Bass-Riffs.
„Du hast gesagt man muss nur immer auf den Füßen landen. Erst als du gegangen bist hab‘ ich das verstanden.“
Il Civetto – „Fragen“
Bittersüß und ungewohnt persönlich
„Fragen“ fällt stilistisch und inhaltlich aus der Reihe, es wird sehr persönlich. Eine bittersüße Erzählung über den schmerzhaften Verlust einer Person, die zu früh gegangen ist. Über die Fragen, die einem in den Kopf kommen, nachdem Jahre vergangen sind, in denen man versucht hat, das Leben weiterzuleben: „Und ich frag mich: Würden wir uns heut‘ verstehen?“ Der Song ist ungewohnt persönlich auf einer tieferen Ebene als bisher und berührt extrem. Il Civetto bewegen sich auf neuem Terrain und zeigen, dass Beides da sein kann: Unbeschwerte Sommervibes und trauernde Momente. So wie das Leben eben funktioniert. Falls das jemand übrigens noch nicht weiß – Il Civetto ist eine der kreativsten und mitreißendsten Live-Bands, die es da draußen so gibt. Proof me wrong oder wir sehen uns beim Konzert.