„Tired in the morning / And tied to the screen”. Genau wie Frederik Rabe es im Pre-Chorus besingt ging es mir letzten Freitag als ich den Song als erste Tat des Tages direkt angemacht habe – ich war direkt wach. Nachdem die Giant Rooks im April 2019 ihre dritte EP Wild Stare rausgebracht haben, ist ihre neue Single Watershed ein erstes musikalisches Lebenszeichen der fünf Wahl-Berliner in 2020 und hoffentlich auch der Vorbote für ein meiner Meinung nach dringend nötiges (!!!) Debütalbum. Klar, man kann auch mit 3 EPs und gefühlt 300 Tagen auf Tour einfach mal so den 1LIVE Krone Förderpreis und den Preis für Popkultur in der Sparte Hoffnungsvollster Newcomer gewinnen, aber ein Album wäre jetzt nach sechs Jahren Bandgeschichte schon auch geil.
Die Single fängt mit einem im Chor gesungenen Refrain und rhythmischer Klavierbegleitung an, und ohne, dass ich es gemerkt habe, hat mein Bein schon mitgewippt. Die erste Strophe bleibt mit Klavier, Vocals und 4-on-the-floor-Kickdrum erstmal recht minimalistisch, groovt aber dennoch (auf gut deutsch) wie Sau! Im Pre-Chorus gesellen sich Lucas Bass und ein paar mehr Schlagzeugelemente von Finn (der Bandgeschichte nach Finn Nr. 2) dazu und erwecken Vorfreude auf den schon angeteasten Refrain. Der lässt dann auch nicht mehr lange auf sich warten und mit Finns (Finn Nr. 1) E-Gitarre, die, wie man es auch von früheren Songs kennt, eher flächig spielt und hier und da mal ein paar Einwürfe liefert, sind die Giant Rooks komplett. Hier hat auch Jonathans Keyboardburg einiges zu tun, die mit Klavier und Synthis (für den Nerd: da wurden wohl einige Sequenzer verwendet) den sehr hellen Klang des Refrains prägen.
Einmal Neu mit ein bisschen Alt oder andersrum bitte
Generell haben Giant Rooks es geschafft sich einerseits treu zu bleiben, aber auch ihren Sound deutlich weiterzuentwickeln, was die Fans unter den Kommentaren des Musikvideos ebenfalls erkennen: „Typisch Giant Rooks und doch was Neues“. Welche Band träumt nicht von so einem Feedback? Watershed gelingt es, mich mit einem sowohl musikalisch, sowie klanglich breiten Arsenal und gekonntem Arrangement von Anfang an zu überzeugen. Der Sound ist, wie von den Jungs schon mehrmals bewiesen, so wenig deutsch und so viel international, dass man – wie ich finde – mit Recht behaupten kann die Giant Rooks sind der beste deutsche Musikexport seit Rammstein (wobei ein Vergleich der beiden natürlich hinkt).
„It’s a small word built for you”
Inhaltlich geht es in Watershed, das übersetzt nichts anderes als „Wasserscheide“ heißt und in der Geografie selbstverständlich als Grenzverlauf zwischen den Einzugsgebieten des abfließenden Niederschlags zweier benachbarter Flüsse verstanden wird (klar oder?), um Neuanfang, um das Machen und um Leben, aber in kleinen Schritten – „It’s a small world built for you“. Quält man sich morgens erst langsam aus dem Bett, macht man abends den Dancefloor unsicher und tanzt bis zum Umfallen. Das Musikvideo zur Single ist gespickt von 80s Vibes, Aufnahmen aus dem Proberaum und Menschen, die sich einander immer näherkommen. Es geht um Details, ein Gefühl und Berührungen –und ich habe bei dem Song und generell bei der Zukunft der Giant Rooks ein seeeehr gutes Gefühl.
Wenn du das Video noch nicht kennst, zieh es dir hier direkt rein:
Foto: Joseph Kadow