
Oklou steht symbolisch für den aktuellen Hype um das Genre mit den gepitchten Vocals und aufgeregten Synthesizern (Foto Credits: Because Music). Gastautor Arthur hat sich mit dem Phänomen genauer beschäftigt.
Mit „choke enough“ wagt Oklou den Schritt aus der Dunkelheit ihres Debüts „Galore“ in komplexere, experimentellere Gefilde. Mehrschichtige Vocals, detailverliebte Drums und Features wie mit Bladee zeigen eine Künstlerin, die sich zwischen Hyperpop, Lo-Fi und Ambient neu erfindet – ohne ihre DNA zu verlieren.
Heimlich, still und leise – so hört sich Oklou auf ihrem Debütalbum “Galore” an. Synthesizer schwappen durch den Equalizer, tauchen nur im Refrain hier und da mal auf, in höheren Frequenzen. Langsame Basslines lassen Tracks wie “Fall” und “Unearth Me” wuchtig und wankend wirken, während ihre Stimme sich immer im Sweet Spot zwischen Flüstern und Singen wiederfindet. Wenn ihr Debütalbum eine Klamotte wäre, wäre es ein Abendkleid aus dunklem, samtigem Bühnenstoff mit einer ordentlichen Menge Sicherheitsnadeln, ready, jeden zu piksen, der hier sugar-coated, girly, Hyperpop-esque Riffs oder Autotune erwartet.
Mit ihrem (Achtung, Musiknerdsprache:) Sophomore-Album “choke enough” macht Oklou nun einen Schritt weg von der Dunkelheit. Die Klänge sind ausgefeilter, die Drums komplexer. Sie stapelt ihre Vocal-Spuren zweitweise bis zu viermal übereinander und lädt auf der Promo-Single “take me by the hand” den schwedischen Cloudrap-Pionier Bladee zu einem introspektiven Lo-Fi, Dance-inspirierten Stelldichein ein. Eskapismus und die Frage nach einer höheren Macht, aber nicht gestellt im Philo-Seminar, sondern erörtert zwischen Synthesizern. So nämlich, liebe Unis.
Oklou erörtert gemeinsam mit Blade neue Hyperpop-Dimsensionen
“choke enough” und “harvest sky” machen einen Riesenschritt hin zu Hannah Diamond oder Namasenda, und doch bleibt Oklou damit authentisch. Ihre Single “entertnmnt” von 2020 war ja schon ein Vorstoß hin zu dunklem Hyperpop.
Hyperpop als Genre wird immer mehr zum Spektrum. Tempo und Rhythmen variieren, das Nonplusultra ist, dass immer mindestens fünf Effekte auf jeder Gesangsspur sein müssen. Hochverarbeitetes Essen – nein, danke. Hochverarbeitete Vocals – ja, bitte.
Auf der einen Seite dieses Spektrums steht die ultimativ epische, glitzernde Hymne von A.G. Cook, “Soulbreaker”. Kopfkino: Eine Abrissbirne aus Autotune schlägt die Wände von Majorlabel-Büroetagen ein. Auf der anderen Seite: Tracks wie “5G-Core”, “Okway” oder “Calcium” von MIMIDEATH. VORSICHT an alle, die das mit Kopfhörern hören.Wenn man ChatGPT mit zehn Dosen Monster Zero füttern und vor Ableton setzen würde, käme wahrscheinlich so etwas dabei raus.
Kleiner Exkurs, jetzt zurück zur “choke enough”: Die Tracks “Forces” und “(;’༎ຶ!ٹ༎ຶ!’)“ zeigen, dass sich Oklou im Ambient nicht nur wohl fühlt, sondern da auch verdammt versiert ist. “want to wanna come back” hingegen bedient sich beim Triphop, klingt fast etwas nach Jahrhundertwende und der letzte Track “blade bird” lässt wunderbare “Scheiße, ach man, das Album ist ja schon zu Ende”-Stimmung aufkommen. Roll the credits.