Aurora ist wieder da! Nachdem sie letztes Jahr ganz überraschend ein Album gedroppt und viel Staub aufgewirbelt hat, ist mein Lieblingsalien jetzt mit neuer Musik zurück.
Bevor wir so richtig einsteigen, muss ich erstmal rauslassen, dass ich ein Aurora-Fan der ersten Stunde bin. Als 2016 ihr Debüt-Album mit dem verdreht langen Titel erschien, wusste ich damals schon, dass diese Lady nochmal ganz groß werden würde. Tatsächlich war ich damals sogar auf einem ihrer Konzerte und habe sogar eine Review dazu verfasst. Allerdings ist der Clip schon drei Jahre alt und stammt aus einem meiner alten Projekte. Leichter cringe also meinerseits, aber bestimmt unterhaltsam für dich! 😉
Aurora geht einen Schritt nach dem anderen
Letztes Jahr erschien ganz überraschend und unangekündigt Auroras zweites Album Infections Of A Different Kind – Step 1, was mich vom Titel her etwas an einen Tinder-Slogan erinnerte. Die acht Songs auf dem Album waren zwar hoffnungsvoll, aber auch ziemlich düster. Die Endung „Step 1“ ließ die klugen Köpfe darauf schließen, dass unser kleiner Nordic noch nicht ganz fertig war. Demnach erschien also jetzt im Juni 2019, etwas weniger überraschend ihr zweiter Schritt A Different Kind of Human – Step 2. Aurora selbst sagt, dass sie mit diesem Album „empowern“ will. Ihr passt der Status Quo auf diesem Primaten-Planeten nicht so ganz in den Kram – Und das lässt sie auch auf ihren 11 Songs deutlich hörbar raus.
Wir sind immer hinter irgendetwas her, sei es Liebe, Geld, Sex, Erfolg, Macht oder einfach ein besonders großes Stück des Kuchens. Das ist sehr interessant. Es ist grotesk. Und schön. Wir sind immer auf der Jagd nach etwas. Wir sind Tiere, die Tiere jagen
A Different Kind of Human – Step 2 klingt irgendwie heller und offener, als der erste Teil. Schon der Opener The River erzeugt sofort gute Laune und klingt so sehr nach Skandi-Pop und Aurora, dass mein Pop-Geigenzähler ausschlägt und die Scheibe zerspringt.
Die Platte ist nochmal eine ganze Ecke poppiger und radio-tauglicher geworden, als die ersten beiden Alben von Aurora. Dass ihre ganze künstlerische Erscheinung außergewöhnlich und nicht definierbar ist, ist wohl allen ersichtlich, allerdings muss ich zugeben, dass ich bei dem einen oder anderen Song etwas unsicher war. Wenn man sich den KEXP-Auftritt (am Ende des Artikels) von ihr anschaut, dann merkt man zwar, dass sich Aurora als Künstlerin und auch als Mensch krass entwickelt hat.
Jedoch muss ich sagen, dass mir Titel wie Animal oder Apple Tree eher weniger gut gefallen haben. Irgendwie so generisch und uninspiriert kamen sie mir vor. Wenig eigene Note und Gefühl und eher nur als Slot-Füllung platziert, hatte ich den Eindruck. Von der Qualität her natürlich trotzdem sehr hochwertig, aber doch etwas verschenktes Potenzial. Ich meine Daydreamer klingt wie ein Taylor Swift Song. Da war ich dann schon etwas pikiert. #FeineWortwahl
Einige Songs haben definitiv Gänsehaut-Faktor
Andere Titel wie Mothership, The Seed oder Soulless Creatures haben mir dagegen richtig gut gefallen. The Seed hatte sogar Gänsehaut-Faktor bei mir. Alle diese Songs hatten diesen einzigartigen Aurora-Sound, den ich vom Debüt kenne und liebe. Diese besondere Melodienführung, diese sanfte, aber trotzdem voluminöse Instrumentierung. Alles, was Auroras Musik eben so schweben lässt und einen beim Hören den Boden unter den Füßen wegzieht.
Der Titeltrack des Albums war ziemlich interessant zu hören. Sehr sphärisch am Anfang, mit einem Crescendo in der Mitte und am Ende hat jemand während der Studioaufnahmen die Dusche angelassen? Oder was hörst du da? Trotz der schönen Texte hat mir für den offensichtlichen Höhepunkt des Albums etwas die Power gefehlt. Der Song ist zwar schön dynamisch und treibend, aber so ein bisschen mehr aus der Hüfte hätte mir dann doch ganz gut gefallen.
Der Gedanke gefällt mir gut, die Ausführung finde ich okay
Was bleibt am Ende also zu sagen? Erstmal nehmen wir Aurora als Künstlerin. Wunderschöne Stimme, ein wahres Ausnahmetalent. Ich weiß nicht, was sie beim singen sieht, aber ich glaube es muss sehr schön sein und ich würde es auch gerne mal sehen.
Physisch sieht sie zwar aus wie ein Mensch, aber wenn man ihr in die Augen sieht erkennt man so ungefähr 10% Wahnsinn, 20% Standard abgedrehte Künstlerin und 80% Lichtwesen. Die Lady schwebt einfach komplett in ihrem eigenen Frequenzbereich herum und das ist auch ziemlich gut so.
Der Gedanke hinter A Different Kind of Human – Step 2 gefällt mir ziemlich gut. Klar, Umwelt schützen und gegen irgendwas protestieren ist gerade ziemlich schick, daher passt das Album auch gut in den jugendlichen Zeitgeist unserer Gesellschaft. Wirklich ändern wird sich an unserem Allgemein-Zustand durch dieses Album jedoch eher wenig. Hat einfach meine Erfahrung und ein Blick in die Tagesschau gezeigt. Dass Aurora dabei authentisch ist, zweifele ich gar nicht an, allerdings finde ich einige Lines aus The Seed schon ziemlich abgedroschen und simpel. Zumindest für mich.
You cannot eat money, oh no
You cannot eat money, oh no
When the last tree has fallen
And the rivers are poisoned
Ich meine, Recht damit hat sie ja. Aber das hatte der weise Indianerhäuptling vor 400 Jahren auch schon, bevor er dann von den Amis abgeknallt wurde. Irgendwie kommt mir das etwas zu einfach vor.
Meine Erwartungen wurden zwar auf jeden Fall erfüllt, wir haben hier erneut ein Stück zeitlose Musik bekommen. Allerdings bin ich auch nicht so krass mitgenommen worden, wie beispielsweise beim Debüt-Album. So oder so bin ich trotzdem immer für „Team Aurora“ und kann jedem nur empfehlen sich die Platte mal in der Gänze zu geben.