
EASY EASY (Foto: Celine De Groot)
Nach vier EPs jetzt das erste Album. EASY EASY lassen auf ihrem Debüt Nähe zu, zeigen Brüche, Unsicherheiten und was bleibt, wenn der Rausch nachlässt. Am letzten Sonntag vor Release begleiten wir die Band durch Köln und erleben ein Bandgefühl, das irgendwo zwischen Studio und Kneipentisch zuhause ist.
Sonntag, 01.06.25, noch fünf Tage bis zum Release ihres gleichnamigen Debütalbums „EASY EASY“ – aber an diesem Sonntag wirkt das alles noch seltsam weit weg. Draußen vor einem unscheinbaren Haus, irgendwo zwischen Familienidylle und Bürotristesse, treffen wir auf Frontsänger und Gitarrist Carlo. Die Gegend wirkt fast zu ruhig für eine Indie-Band, die zwischen Surf-Rock, New Wave und Post-Punk pendelt – aber vielleicht passt gerade das.
Carlo hatte uns wegen einer Botschaft im Hausflur bereits vorgewarnt. Nett adressiert an die „Musikalischen Nachbarn”, entgegnet uns beim Treppen runtergehen ein Zettel. Sinngemäß steht dort: Macht eure Mukke, aber denkt dran, über euch wird geschlafen, gearbeitet, gelebt. Ein Reminder daran, dass Kunst selten im luftleeren Raum entsteht. Und EASY EASY offenbar auch nicht.
Der Weg durch den langen Kellerflur fühlt sich an wie ein Déjà-vu in Endlosschleife – graue Türen, grelles Licht, alles sieht gleich aus. Und doch: Am Ende wartet ein Raum, der plötzlich alles andere als austauschbar ist. Drinnen treffen wir auf Drummer Robin, Bassist Julien und Produzent Leon. Zusammen mit den anderen beiden Gitarristen Luis und Merdi und einem weiteren Produzenten – der zufällig auch Leon heißt – sind sie EASY EASY.


(Fotos: Celine De Groot)
Carlo hatte das Studio eben noch als „ziemlich unspektakulär“ klein geredet – dem widersprechen wir sofort. Es fühlt sich nach mehr an. Nach Rückzugsort. Nach Entstehungsort. Während wir noch die Details scannen, erzählen die Jungs bereits ausgelassen von ihrem Wochenende.
Zwischen Synths, Gitarren, vielen Kabeln und zwei Lavalampen setzen sich die Vier auf das gelbe Ledersofa. Wir sprechen über Songs auf dem Album – auch über die, an denen die Band verzweifelte – über Momente, in denen ein Beat plötzlich etwas loslöst, das man vorher nicht benennen konnte. Über Veränderung. Über das Chaos, das dazugehört, wenn man gemeinsam Musik macht, die mehr ist als nur Sound. Carlo sagt irgendwann einen Satz, der hängen bleibt – nicht weil er so groß klingt, sondern weil er so beiläufig fällt:
„Das Album ist unsere Gefühlswelt der letzten zwei Jahre in allen Facetten.“
Es klingt wie ein schnell eingetippter Eintrag in die Notizen-App mit Hall-Effekt – der Vergänglichkeit des Moments entgegen. Als würden die Lieder nicht einfach auf Repeat laufen – sondern aufblitzen, weil man sie irgendwann genau so gefühlt hat. Zwischen den Studio-Wänden wird klar: Das Album ist mehr als nur ein Debüt. Es ist ein kollektives Erinnern. An Nächte, die endlos schienen, an Gedanken, die sich nicht zu Ende denken ließen, an Gespräche, die in Synths verschwimmen, an ein Gefühl von Aufbruch, das manchmal auch weh tut.


(Fotos: Celine De Groot)
Die Songs haben dieses besondere Tempo: mal gehetzt, mal verlangsamt, immer ehrlich. Es geht um die Frage, wie man sich selbst zusammenhält, wenn alles flimmert. Um Nähe. Um Entfremdung. Um das, was übrig bleibt, wenn der Rausch weg ist. Dass sie jetzt mehr zeigen, mehr zulassen, mehr Soundflächen schaffen – das hört man. „Nicht leicht“, „Alles Leid außer dir“, „PS.“ – Songs, die sich trauen, weich zu sein, ohne kitschig zu klingen. Die Fragen stellen, ohne Antworten zu behaupten.
Nach dem Gespräch zeigt uns Leon noch ein paar Studio-Details, wir filmen mit. Danach geht’s ein paar Türen weiter in den Proberaum. Drinnen ist schon alles in Bewegung: Julien, Robin und Carlo schrauben an ihren Pedalboards, stöpseln Kabel um und stimmen ihre Instrumente. Sie machen alles für die letzten Proben vor der großen Release Party am Freitag in Berlin bereit – und trotzdem wirkt hier niemand gestresst, es wirkt vielmehr wie ein Ritual. An der Tür und an den Regalen kleben Sticker: „I love Robin“. Nicht zu übersehen. Wir lachen und Leon sagt trocken, dass Robin davon übermütig wird – oder dass einfach noch zu viele davon übrig sind. Wahrscheinlich beides. Ein paar Sekunden später drückt Leon auch uns ein paar Sticker in die Hand.


(Fotos: Celine De Groot)
Ein paar Aufnahmen und Bandfotos im Kellerflur später, sitzen wir im Bandbus. Auch hier wieder besagter Sticker an der Innenwand des weißen Neun-Sitzers. Mit Julien am Steuer, Robin daneben am AUX-Kabel und Leon und Carlo auf der Rückbank geht’s in einen Kölner Stadtteil, in dem die Band gerne Zeit verbringt – die Südstadt. Auch im Bandbus wirkt es wieder so, als sei das einer der Orte, an denen die Band zwischen all dem runterkommen kann. „And I’d love it if we made it“ – Matty Healys Stimme hallt aus den Boxen während die Band Momente aus genau diesem Bus mit uns teilt – und einfach banales Zeug. Ein Moment, der fast schon nach Soundtrack klingt.


(Fotos: Celine De Groot)
Angekommen laufen wir durch architektonisch schöne Straßen voller Altbauten und grünen Alleen. Die Sonne hängt mittlerweile tief zwischen den Häuserzeilen. Drei der Bandmitglieder wohnen nur ein paar Straßenecken entfernt. Kein Wunder also, dass sie in diesem Teil der Stadt mehr finden als gutes Licht für Bandfotos: Ruhe zwischen den Proben, Gespräche nach dem Auftritt, vielleicht auch ein bisschen Zuhause. Ziel des kleinen Spaziergangs ist die Sportsbar Italia – nicht nur bekannt für seinen durchaus schmackhaften fünf Euro Aperol, sondern auch Ort des nächsten Interview-Teiles, in dem auch ein Stück Bandgeschichte steckt. Kurz bevor wir Luis, einen der Gitarristen, treffen, wird klar: Diese Bar ist nicht bloß Kulisse, sondern kollektive Erinnerung. Es riecht nach Zigarettenrauch und italienischem Kaffee. „Hier haben wir schon ein paar Aperol getrunken, die haben wir hier verhaftet“, erzählt uns Luis während er am Tisch in der Abendsonne einen Aperol trinkt.


(Fotos: Celine De Groot)
Wir sprechen darüber, wie sie nicht nur als Band, sondern auch als sehr enge Freundesgruppe funktionieren. Carlo bezeichnet sie sogar als mehr als das:
„Jetzt ist man Family und wie man seinen eigenen leiblichen Bruder manchmal mag, manchmal weniger mag. So ist es mit den Jungs auch, aber man ist halt trotzdem Family.“
Drinnen in der Bar läuft leise Fußball, jemand ruft am Fenster eine Bestellung durch. Es ist laut genug für Atmosphäre, leise genug für Tiefe. Und genau in diesem Spannungsfeld funktioniert EASY EASY am besten: irgendwo zwischen Spaß und Ernst, Proberaum und Kneipentisch, Nostalgie und Neuanfang.


(Fotos: Celine De Groot)
Und so klingt auch ihr Debütalbum: Nach einer Freundesgruppe, die sich erlaubt hat, gemeinsam zu wachsen – und sich dabei gegenseitig auszuhalten. Auch, wenn’s anstrengend wird. Ein Album wie eine Nachricht nachts um halb drei: Vielleicht nicht perfekt formuliert – aber genau richtig im Moment. Man spürt es in jeder Zeile: EASY EASY sind unterwegs – irgendwo zwischen gestern und morgen, zwischen Kater und Klang. Und während das Debüt gerade erst seinen Weg geht, wird schon am nächsten Album geschrieben.
Alles, was wir nicht aufgeschrieben haben, seht ihr bald. Die Mini-Doku zu EASY EASYs Debüt liefert die Bilder – und die Stimmen. Coming soon!