Bruno Kawelke im Volkstheater München (Foto: Elena Dersch)
Melancholie, Nostalgie und der Versuch, die Zeit zu besiegen. Bruno Kawelke reist bei seinem Abschlusskonzert zurück in seine Erinnerungen – und hilft dabei, auch eigene Erinnerungen zu finden.
Der Kölner Musiker Bruno Kawelke war auf seiner ‚Jede Welle Fotografieren‘ Tour und hat im Münchner Volkstheater sein Abschlusskonzert gespielt. Seit 2023 veröffentlicht Kawelke immer wieder Singles, die er auf dieser Tour in gesammelter Gänze präsentiert. Bekannt geworden ist der Musiker mit seinen Songs “Pollen” und “Monet”, die sich wie die anderen Songs auch zwischen Indie-Pop und Rap mit einem Hauch von Max Herre einordnen. Mit seiner EP “Jede Welle Fotografieren” war Bruno Kawelke in Berlin, Hamburg und Köln unterwegs. Das Volkstheater in München, eine eher untypische Konzertvenue, ist an diesem Abend der Ort, an dem Bruno Kawelke in Erinnerungen schwelgt und sich wünschte, die Zeit besiegen zu können. Der Auftritt, der nur so vor Melancholie und Nostalgie trieft, und das im besten Sinne, bildet das perfekte Ende für die kleine Deutschlandtour.
Um kurz nach acht versammeln sich die Fans, jung und alt, auf den Sesseln in den Reihen vor der kleinen Bühne. Als Support in München stimmt Dilruba die Leute schon ein und bekommt vom Publikum viel Unterstützung zu spüren. Bevor das Konzert dann wirklich losgeht, nutzen treue Fans nochmal die Chance und gestalten ein Fangeschenk. Papiersterne werden im Publikum verteilt mit der Anweisung, die Sterne beim Song “Kolibris” hochzuhalten. Und während Sterne aus hellgelbem Papier durch die Reihen gegeben werden, sorgt die Playlist im Hintergrund mit Loyle Carner und Little Simz schon für immer größere Vorfreude.
Jede Welle fotografieren
“Will jede Welle fotografieren, denn diese Welle wird niemand jemals wiedersehen” – mit dem fast schon epischen Intro von “Pollen” beginnt nicht nur die Show in München, sondern das Abenteuer mit Bruno Kawelke die Zeit austricksen zu wollen. Mit seiner absoluten Ehrlichkeit schafft der Musiker es auf der Bühne seine eigene Geschichte so zu erzählen, dass man in Erinnerungen schwelgt, die man eigentlich gar nicht hat. Mit den eingängigen Beats und seiner klaren Stimme werden die Erinnerungen zu Erlebnissen auf der Bühne.
Bruno Kawelke spielt in München so gut wie alle Songs, die er seit 2023 veröffentlicht hat. Auf seinem neuesten Track “Kolibris” hat der Sänger ein Sample von Becky Sikasa eingebaut – und in München ist sie dann sogar selbst auf der Bühne und singt ihren Song live. Und bei der Bruno Kawelke-Version von Becky Sikasas Song “Kolibris”, ragen dann auch hellgelbe Papiersterne aus dem Publikum in die Luft und schwingen im Takt mit. In München packt der Sänger außerdem auch noch neues Material aus, das den Blick in die Vergangenheit verblassen lässt und dafür schon vielversprechend Vorfreude auf die Zukunft macht. Bis der Song raus ist, müssen sich Fans aber noch ein wenig gedulden.
Die Zeit besiegen
Auf der Bühne schafft Bruno Kawelke es gemeinsam mit Gitarrist und Produzent Sam Moran die Songs live natürlich nochmal mehr zum Leben zu erwecken. Die Ehrlichkeit und Verletzlichkeit der Songs wird durch ihr Zusammenspiel auf der Bühne nur noch intensiver und führt am Ende dazu, dass man als Zuhörer*in eine Reise zu eigenen Erinnerungen macht. Seine authentische Art, Geschichten in Musik zu verpacken, ist fast schon wie eine offene Tür, um nostalgisch über das eigene Leben zu fühlen. Es ist während dem Konzert fast so, als wäre man auf der Suche nach Erinnerungen, zu denen sich der Weg erst erschließt, sobald die Musik spielt.
Dass die Zeit und das Leben flüchtig und begrenzt sind und alles andauernd ein Ende findet, ist manchmal schwer auszuhalten. Bruno Kawelke schafft es mit seiner Musik, dass die eigene Vergänglichkeit zumindest kurz mal nicht ganz so angsteinflößend im Hinterkopf rumspukt.