Tame Impala und gemischte Gefühle zur neuen Platte

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Tame Impala aus Australien veröffentlicht nach 5 langen Jahren endlich sein viertes Studioalbum. Ob The Slow Rush top oder eher flop ist, liest du jetzt!

Spätestens seit ich letztes Jahr im Mai The Less I Know The Better den ganzen Monat auf Dauerschleife durchgehört habe, bin ich dem leicht neben sich stehenden Australier mit dem musikalischen Genius absolut verfallen. Davor habe ich hier und da aus Gruppenzwang mal mitgesummt undso, aber richtig gepackt hatte mich der Sound nicht.

Das war aber wie gesagt bevor dem schicksalhaften Monat aus 2019. Danach habe ich mich einmal anti-chronologisch (also rückwärts) durch seine drei bereits releaseden Alben gehört und gemerkt, wie sich der Sound von Tame Impala über diesen Zeitraum einfach stark verfeinert, man mag schon fast herauskristallisiert hat, sagen. 

Tame Impala und die letzten 10 Jahre Discographie

Während auf Innerspeaker (2010) gefühlt alles mit mindestens 200% Reverb zu einem einzigen Hall-Brei aus Drums und Synthies zusammengepanscht wurde, ging es auf Lonerism (2012) dann schon etwas gesitteter zu. Highlight da, waren zum Beispiel Feels Like We Only Go Backwards, Elephant oder Mind Mischief. Dann kam mit Currents (2015) die Platte heraus, die meiner Meinung nach seinen bisherigen Zenit als Psychedelic Pop Artist darstellte. Auf dem Album kann man eigentlich jeden Song abfeiern und auf ner Housy spielen lassen, ohne dass dich einer dumm anguckt. Und außerdem, wer bei Tame Impala dumm guckt, ist selber dumm.

Nach Currents wurde es also etwas stiller und hier und da gab es mal ein paar extravagante Features mit irgendwelchen Rappern, Popstars und fucking-Nasennebenhöhlen Mark Ronson. Wobei letztere Zusammenarbeit sogar ziemlich fresh war, wie Daffodils beweist. Irgendwann war dann klar, der Typ arbeitet an einem neuen Album. Und jetzt kommen wir mal zum eigentlichen Thema: The Slow Rush.

Da ist die vierte Platte endlich, doch was ist das?

Ganze fünf Jahre habe ich also auf dieses Album gewartet, Patience und Borderline waren dabei nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Ich hatte sogar überlegt, mir die super ultra deluxe Sammleredition, mit lieblos designtem T-Shirt zu bestellen, hab mich dann aber dagegen entschieden. Weil farbiges Vinyl und das Plattencover simpel auf ein 1,50€-Cotton-Shirt von Gildan gerotzt nicht wirklich den Preis von 60€ oder was rechtfertigen.

Also um es kurz zu machen, dafür, dass ich fünf Jahre auf die vierte Platte gewartet habe, bin ich ziemlich enttäuscht.

Mir kommt The Slow Rush bis auf wenige Ausnahmen irgendwie nicht wirklich inspiriert vor. Als wäre das Repertoire an Möglichkeiten erschöpft, der distortion-Bass knarzt auch nicht mehr so schön und irgendwie fehlt bei allen Songs ein wenig der Druck, dieses magische Feeling von Currents.

Ausgenommen von der Enttäuschung sind die Songs Lost In Yesterday, Is It True, Borderline und One More Year und zwar in der Reihenfolge. Diesen Nummern konnte ich noch am meisten etwas abgewinnen. Der Rest war für mich dagegen eher weichgespülte Pop-Scheiße.

The Slow Rush klingt für mich wie…

Nichts Ganzes und nichts Halbes. Posthumous Forgiveness plätschert so vor sich hin und lässt einen hier und da mal aufhorchen, am Ende fühlt sich der Song aber eher wie ein nasser Waschlappen in der Hand an. Den Bumms dann auf 6 Minuten zu strecken, rettet aus meiner Sicht auch nichts mehr. Same goes für One More Hour oder Tomorrow’s Dust. Beides Titel mit dem klassischen Tame Impala Sound – der Take Home Aspekt fehlt aber auch hier vollkommen. Bewertung: Ganz nett. Würde dir die Person empfehlen, die heute immer noch denkt, dass Annenmaykantereit „indie“ sind.

Also bitte nicht falsch verstehen, ich bin voll der Kevin-Fan und kann mir vorstellen, dass The Slow Rush als Erstkontakt mit Tame Impala für Neulinge mindestens genauso schön sein kann, wie mit Currents bei mir damals. Jedoch fehlt mir bei vielen Songs einfach ein bisschen das Warum? Wo will er hin? Mir fehlt eine markante Bass- oder Gesangsline, vielleicht übersteuerte Synthies, gibt es ein Drum-Solo? Das Magische, warum Tame Impala eben das ist, was es ist. Die Integration von irgendeinem „Kennen-wir-doch-alle“-Gefühl in ein absolut abgespactes Universum aus bunten Farben, Tönen, Grimassen und unorthodoxen Assoziationen. Nein, Nein und Nein. Was wurde serviert? Die Songs gehen einfach ineinander über und zeigen nicht wirklich Kante oder Profil.

Hier und da blitzt mal ein kleines Unikat hervor, aber wenn man The Slow Rush mit Currents vergleicht, muss man einfach zugeben, dass jeder Song von Currents seinen ganz eigenen Charakter hat, während die 12 Nummern bei The Slow Rush für mich irgendwie alle gleich klingen. Die vier Songs oben ausgenommen. Ich hatte mir im Vorfeld schon überlegt, irgendwelche Wort-Gags mit Lame Impala oder so zu bringen, habe mich dann aber aus Respekt vor der Kunst dagegen entschieden.

Ich persönlich glaube, dass Tame Impala wie bei Currents bereits begonnen noch stärker in Richtung Pop und Mainstream gehen wollte, dabei aber den Spagat zwischen sich treu bleiben und sich weichspülen lassen einfach verkackt hat. Das ist nach fünf Jahren Wartezeit für die eingefleischten Fans vielleicht etwas bitter, aber wenn die 16-jährige Lisa damit auch auf den Trichter kommt, solls mir am Ende Recht sein. Hier greift wieder das Prinz-Pi-Paradox, bei dem man nicht sicher sagen kann, ob der Künstler nicht einfach weiter in den Mainstream-Sumpf gerutscht ist, oder ob man selbst nicht ein Stück weiter entkommen ist. Also im Sinne von: Ist der wirklich kitschiger geworden, oder macht der sowieso schon die ganze Zeit solche Musik, nur ich bin erwachsener geworden. Neben der String-Theorie und Schrödingers Katze vielleicht eines der großen Rätsel der Menschheit.

The Slow Rush kann vielleicht doch noch etwas werden…

Insgesamt muss ich aber entgegen aller bereits genannter Kritik darauf hinweisen, dass die Musik von Tame Impala wie ein Bumerang funktioniert (Das Ding von den Aborigines, nicht das von Instagram). Also erstmal scheint sie sich von dir zu entfernen, doch irgendwann kommt sie zurück und hittet dich mit solcher Härte, dass sogar Walt Disney keine Idee mehr hat, wie viele Sternchen er dir über die Rübe malen soll. Obwohl ich wie bereits erwähnt eher enttäuscht von der Platte bin, ist es nicht auszuschließen, dass ich in acht Wochen sage, dass es eines der genialsten Releases unserer Zeit ist – might happen. And If so, Let It Happen (di di di dididi, di di di dididi). Man kann also gespannt sein – und damit zurück ins Studio.

Hier kannst du dir noch das Musikvideo zu Lost in Yesterday anschauen, was von der Message her irgendwie klar , aber nicht wirklich in Worte zu fassen ist.