Der Aufschrei einer Generation: C’est Karma bricht mit „Amuse-Bouche“ aus sich hervor

Alle Bilder im Beitrag: Shade Cumini

Bis jetzt kannte man die Luxemburger Künstlerin mehr für ihren eher sanften Elektropop. Eine raue Stimme, die sich zwischen Gitarren und Synthies gleichzeitig verlor und wiederfand, erinnerte in Momenten der Ruhe fast an Sänger*innen wie Elena Tonra von Daughter. Doch immer wieder gab es dieses kurze Aufblitzen von etwas anderem. Etwas lauterem. Nun kehrt C’est Karma mit ihrer EP „Amuse-Bouche“ explosiv zurück.

Als die erste Single „Spaghetti on Repeat“ voller Auto-Tune-Vocals und verzerrten Geräuschkulissen erschien, wurde klar, wo die Reise hingeht – Die in Amsterdam lebende Musikerin hat die grelle Welt des Hyperpop für sich entdeckt. Mit „Bubblegum“ eröffnet sie ihr neues Werk, welcher schon ab der ersten Sekunde nur so vor Energie sprüht. Und diese nimmt auch zu keinem Zeitpunkt ab. Man muss vorsichtig sein, dass ein Song nicht zu überladen wirkt, wenn jegliche Regler konstant bis auf Anschlag hochgedreht sind, aber die Musikerin lässt einem noch gerade genug Atempausen. Dass das Lied eine liebevolle Hymne an eine Kindheitsfreundschaft sein soll, fällt erst gar nicht auf. Nur wer genau auf den Text und die Klaviermelodie, die sich langsam im Hintergrund bewegt, achtet, kann das vielleicht erahnen.

Dann wird es noch einen Tick lauter. Das Stück „Bread“, welches C’est Karma beim c/o pop vor kurzem Jeff Bezos widmete, hat nun aber weniger mit Zuneigung zutun sondern mehr mit Kampfansage. Hier lässt sie auf allen Ebenen den Frust über die absurde Vermögensverteilung auf diesem Planeten heraus. Der Text spricht direkt zu den Reichsten der Reichen. „It’s a song about abundance and wealth, a song about those who have everything, and those who have none of it.“ schreibt sie selbst dazu. Um wütende Songs zu machen, eignet sich das von ihr gewählte Genre wirklich gut. Und wie „Gateaux“ zeigt, auch die Verwendung französischer Lyrics. In ihrer Muttersprache drückt C’est Karma die Dringlichkeit nach Handeln in der Klimakrise aus, wofür sie sich schon seit ihrer Jugend einsetzt. Sie schreit regelrecht ins Mikrofon. Die elektronischen Sounds, die das Lied durchziehen, erinnern fast an einen Alarm und unterstreichen damit noch mehr Notstand der Situation.

Nach all dieser Wucht sticht der nächste Track mit seiner anfänglichen Ruhe umso mehr hervor. „Coffee“ erinnert an ältere Veröffentlichungen der Künstlerin. Er ist introspektiv, berührend und setzt sich mit all den Veränderungen, Ängsten des Erwachsenwerdens auseinander. „Amuse-Bouche“ scheint schlussendlich eine Konzept-EP zu sein: Rein kulinarische Titel und Texte voller Gedanken, die das Sentiment unserer Generation spiegeln, werden in das glitzernde Gewand des Hyperpop verpackt.

Übrigens, „Amuse-Bouche“ bedeutet so viel wie Appetithäppchen. Aber die überreicht uns C’est Karma nicht auf dem Servierteller, wie das Cover der EP suggeriert, nein, sie wirft uns förmlich damit ab. Da ist einfach eine explosionsartige Kraft, die sich durch alle Songs zieht, sich in ihrer Musik und gesellschaftskritischen Lyrics materialisiert. Man kann gar nicht anders als alles aufzunehmen, was man zu hören bekommt – und bekommen tut man davon nicht genug.

Die EP erscheint am 13. Mai überall da, wo es Musik gibt.